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Ein Intensivpfleger in der Corona-Pandemie.

© Kay Nietfeld/dpa

Update

Standesvertretung für 45.000 Fachkräfte: Berlins CDU will über Pflegekammer diskutieren

Ärzte und Apotheker haben eigene Kammern, die CDU will auch eine für Pflegekräfte. Der Vorstoß hätte nach der Wiederholungswahl eine Chance.

| Update:

Berlins Landespolitik wird bald über eine Pflegekammer diskutieren – vielleicht schon an diesem Donnerstag im Abgeordnetenhaus. Das beantragte die CDU, die vergangene Woche einen entsprechenden Gesetzentwurf eingereiht hatte. Anderenfalls wird wohl erst im Februar über den Vorschlag diskutiert.

Dann dürfte sich das Abgeordnetenhaus nach der gerichtlich erzwungenen Wiederholungswahl konstituiert haben. Für eine Standesorganisation der Pflegekräfte plädieren neben der CDU auch die Grünen – unter einer Koalition beider Parteien könnte die Kammer also kommen.

Einer Kammer müssen alle Angehörigen eines Berufes beitreten. Als Körperschaft öffentlichen Rechtes bekommt sie vom Staat quasi-hoheitliche Aufgaben zugestanden, hat also mehr Macht als Berufsverbände auf Freiwilligenbasis. Eine Kammer erlässt Richtlinien und prüft Abläufe, prägt dadurch eine Branche mit, was auch das Selbstbewusstsein der Beschäftigten formt. Der Staat hat über Kammern nur die Oberaufsicht.

Dem Gesetzentwurf zufolge sollen Berlins Pflegekammer die examinierten Beschäftigten der Zunft angehören, also die voll ausgebildeten Pflegekräfte – andere Mitarbeiter der Branche könnten freiwillig Mitglied werden.

Christian Zander, gesundheitspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion, und Christian Gräff, Vorsitzender des Gesundheitsausschusses, stellten vergangene Woche den 16-seitigen Entwurf vor. In Kürze: Ein Prozent des Bruttolohnes ginge an die Kammer, diese hat eine unabhängige Ethikkommission anzurichten, die Kammerversammlung würde als Pflegekräfte-Parlament fungieren.

Kammern sind Ländersache. Es gibt sie wie berichtet für diverse Tätigkeiten, meist für die als „freie Berufe“ bezeichneten Professionen: Ärzte, Apotheker, Notare, Anwälte, Steuerberater. SPD, Linke und FDP sind skeptisch, traditionell fürchten sie, durch eine Kammer entstünde im Gesundheitswesen noch mehr Bürokratie. Deshalb sehen auch in den Gewerkschaften viele eine Kammer kritisch, für Tarifverträge dürfte eine Kammer ohnehin nicht kämpfen. Der traditionsreiche Berufsverband der Pflegeberufe DBfK plädiert für eine Kammer.

Pflegesituation in Berlin, Infografik, Schaubild

© Quelle: Datenreport 2022 Pflege in Berlin, Stichtag der Datenerfassung: 15.12.2019•Tsp/Rita Böttcher

Die frühere Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) zeigte sich für eine Debatte über eine Kammer offen. Der damalige Gesundheitssenator Mario Czaja (CDU) regte 2015 an, eine Pflegekammer zu gründen. In einer Umfrage sprachen sich 59 Prozent von 1200 Pflegekräften für eine Kammer aus, in den Krankenhäusern mehr als in den Seniorenheimen.

Ob Pflegekräfte mehrheitlich eine Kammer wollen, ist nicht klar. Derzeit gibt es die Landespflegekammer Rheinland-Pfalz und die Pflegekammer Nordrhein-Westfalen. In Niedersachsen und Schleswig-Holstein wurden erst vor einigen Jahren gegründete Standesvertretungen wieder aufgelöst.

Dass die Branche besser sortiert sein könnte, ist offenkundig. So ist unklar, wie viele examinierte Pflegekräfte genau es in Berlin gibt. Anders als in Kliniken sind circa die Hälfe der Beschäftigten in Heimen und ambulanten Diensten keine dreijährig ausgebildeten Pflegefachpersonen. Nach Tagesspiegel-Informationen sind bis zu 45.000 der circa 70.000 in der Pflege tätigen Männer und Frauen in Berlin examiniert.

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