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Berlin: Der Weg zur fetten Charlotte

Klaus Wowereit bei Biolek: Kochen zum Lobe Berlins

Das wird die Gewerkschaften ein wenig trösten: Klaus Wowereit mag es nicht zu blutig. Diese Erkenntnis verdanken wir seinem Auftritt in Alfred Bioleks Kochshow am Freitag, wo sie sich freilich auf Lammkoteletts bezog. Doch der Gesamteindruck passte dazu: Hier betätigte sich ein juvenilgesetzter Bonvivant mit lockerem Hemdkragen und ein wenig Hüftspeck. So einer frisst keine Gewerkschafter, sondern lädt sie zum Essen danach ein.

Aber Vorsicht! Was Wowereit da als Dessert zusammenrührte, war eine mit voller Absicht scharf gemachte Kalorienbombe, die sich hinter dem traulichen Namen „Charlotte Lorraine“ nur sehr unzulänglich zu verbergen vermochte. Sahnequark, drei Becher, „nicht dieses magere 20-prozentige Zeug“. Dann Creme fraiche, einen Becher oder zwei, „aber man kann auch halbe-halbe machen“. Löffelbiskuits drumherum, und Kirschen satt mit ein wenig Kirschwasser, dem Augenschein nach etwa einer halben Flasche. Hicks!

Zwischendurch ein wenig Smalltalk, die Herren duzen sich traulich. Ja, sagte Wowereit, sein Freund habe ihn wegen des profanen Gerichts gescholten, aber da könne nun mal nichts dran schief gehen, und das sei im Fernsehen ja wichtig. Berlin? Prima Stadt, große Probleme, weiß ja jeder, aber sie bewegt sich, diese Dynamik! Klar, assistiert Biolek, die Dynamik, all die Kreativen, tolle Stadt, er selbst zahle sogar Zweitwohnungssteuer. Das, entgegnet Wowereit, nütze ja wenig, er solle mal ganz umziehen, dann kriegt Berlin mehr Finanzausgleich.

Wowereits private Gäste kriegen aber keinen Finanzausgleich, sondern vorzugsweise italienische Kost. Früher sechs, sieben Gänge, heute eher vier, weil ja niemand mehr so viel essen will. Berliner Gerichte, die mag er nicht so, und überhaupt hat die politische Karriere das mit dem Kochen ziemlich auf Null gebracht: Der neue Herd, in den praktisch jede Gans hineinpasst, steht noch unbenutzt in Lichtenrade.

Inzwischen ist die Charlotte fertig, die beiden genehmigen sich je ein Stück, bringen es etwas windschief auf die Teller, die Beerenauslese aus dem Rheingau wird eingegossen, und Biolek ist mit dem Werk des Berliner Gastes zufrieden: toll, toll, hmm. Abspann.

Hätte man sich Eberhard Diepgen... Hätte man nicht. Aber Klaus Wowereit hat sich mit dieser Sendung fast schon den Titel des Regierenden Bäckermeisters verdient. Allerdings sollte er noch eine etwas leichtere Variante seiner Charlotte entwickeln. Denn die fetten Zeiten sind ja, wie man hört, unwiderruflich vorbei. bm

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