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Von Tag zu Tag: Doppelter Thierse

Bernd Matthies über einen leicht anrüchigen Beschwerdebrief

Kurt Tucholsky hat den Berliner durchschaut: Der will vorne die Ostsee, hinten die Friedrichstraße. Das war allerdings ein wenig übertrieben. Die meisten Berliner geben sich längst damit zufrieden, wenn hinten der Kollwitzplatz liegt. Aber ruhig bitte!

Auch unser Bundestagsvizepräsident Thierse schätzt die Annehmlichkeiten der Gegend, denn er wohnt ja dort. Kürzlich hat ihn allerdings sehr erregt, dass der Wochenmarkt, der bislang respektvollen Abstand zum größten Prominenten der Gegend gehalten hatte, plötzlich unter seinem Fenster Station machte – Neuplanung wegen Platzmangels. Gegen diese flagrante Beeinträchtigung eines Verfassungsorgans schien ein Brief mit offiziellem Kopf genau die richtige Antwort, nicht wahr?

Ach, nun war alles wieder ein Fehler. Denn Privatmann Thierse und Präsident Thierse teilen sich eine Sekretärin, und die hat den falschen Briefbogen genommen, die ist schuld, wie immer. Dabei ist das völlig egal. Denn die beiden Thierses sollten eigentlich jeder für sich wissen, dass demokratische Beschlüsse über die Verlegung eines Wochenmarktes kein Grund für empörte Protestbriefe sind.

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