zum Hauptinhalt
Der FC Energie Cottbus im Stadion.

© IMAGO/Fotostand/IMAGO/Fotostand / Weiland

„Ständig werden Amateurspiele zu Großeinsätzen“: 700 Polizisten für letzten Viertligaspieltag in Berlin

Der lang ersehnte Aufstieg in die 3. Liga könnte Energie Cottbus am Sonntag im Berliner Jahnsportpark gelingen. Es wird ein Großeinsatz für die Polizei – auch weil der verfeindete BFC parallel spielt.

Die Berliner Polizei bereitet sich nach den Fußballrandalen vor zwei Wochen auf einen neuen Einsatz mit hunderten Beamten in der vierten Liga am Pfingstwochenende vor. Zugleich wird am Sonnabend eine größere propalästinensische Demonstration radikaler Kräfte zum sogenannten Nakba-Tag erwartet.

„Wir stehen vor dem nächsten einsatzintensiven Wochenende. Während andere Bundesländer im Jahr eine handvoll Großlagen haben, kommen bei uns Karneval der Kulturen, Nakba-Versammlungen und zwei Risikospiele an einem Wochenende“, sagte Benjamin Jendro, Sprecher der Gewerkschaft der Polizei (GdP).

Die Fußballvereine müssten ihrer Verantwortung mehr gerecht werden. „Sie kennen ihre gewaltsuchenden Protagonisten und sollten nicht vergessen, dass auch Kinder zu den Zuschauern gehören“, sagte Jendro. „Es kann nicht sein, dass ständig Amateurspiele zu Polizei-Großeinsätzen werden.“

Während der Fokus vieler Berliner und Gäste der Stadt am Pfingstsonntag wegen des Karnevals der Kulturen vor allem auf Kreuzberg liegen dürfte, blickt die Berliner Polizei nach Prenzlauer Berg und Hohenschönhausen. Um 13 Uhr wird dort im Friedrich-Ludwig-Jahnsportpark die Partie zwischen der zweiten Mannschaft von Hertha BSC und Energie Cottbus angepfiffen. Es ist der letzte Spieltag in der Regionalliga Nordost und Cottbus reicht ein Remis gegen Herthas Amateure, um erstmals seit 2018 in die 3. Liga aufzusteigen.

Dementsprechend ist das Stadion im Herzen des Prenzlauer Bergs mittlerweile restlos ausverkauft, der überwiegende Anteil der Tickets ging an die Gästefans aus Cottbus, die voraussichtlich mit bis zu 9000 Anhängern in die Hauptstadt reisen werden, um ihre Mannschaft zum Aufstieg zu peitschen.

Bereits um 10 Uhr will sich die organisierte Fanszene des einstigen Bundesligaclubs am Humboldthain in Gesundbrunnen sammeln. Es ist wahrscheinlich, dass die Cottbusser Anhänger im Anschluss gemeinsam zum Stadion laufen werden. Die Berliner Polizei zeigt sich vorbereitet und will mit 700 Beamten und Beamtinnen den letzten 4. Ligaspieltag in Berlin absichern, wie die Pressestelle auf Tagesspiegel-Anfrage mitteilte. Unterstützt werden die Berliner Kräfte auch von Kollegen aus Brandenburg.

Anhänger des BFC Dynamo verbrennen Fan-Materialien von Energie Cottbus im Sportforum Hohenschönhausen beim Spiel vor zwei Wochen.

© IMAGO/Weiland

Besonders im Fokus bei den Einsatzkräften liegt nicht nur die mögliche Aufstiegsfeier der Lausitzer im Herzen von Prenzlauer Berg, sondern auch das parallel stattfindende Spiel des BFC Dynamo gegen den Berliner AK im Sportforum Hohenschönhausen. Auch wenn es für den BFC in der Regionalliga sportlich um nichts mehr geht, haben die Einsatzkräfte auch ein Augenmerk auf diese Partie, da der BFC und Energie sich alles andere als wohlgesonnen sind.

Zuletzt eskalierte das Spiel zwischen den beiden Vereinen im Sportforum Anfang Mai sowohl im als auch neben dem Stadion. Mehrmals musste die Partie unterbrochen werden, im Nachhinein kam es zu heftigen Ausschreitungen zwischen den jeweiligen Fangruppierungen und der Polizei. Dabei setzte die Berliner Polizei auch Wasserwerfer ein. Über einhundert Beamte wurden verletzt, ein Großteil jedoch mutmaßlich durch eigenes Pfefferspray. Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) bezeichnete die Krawalle im Anschluss als „schlimmer“ als den 1. Mai.

Der einstige DDR-Rekordmeister BFC ist nach wie vor für seine weit rechts-stehende Hooligan-Szene bekannt. Die Cottbuser für eine 4. Liga-Verhältnisse große und gut organisierte Ultra-Szene, die politisch auch eher rechts einzuordnen ist. Immer wieder machten die Lausitzer in der Vergangenheit durch bekannte Neonazis in ihren eigenen Reihen Schlagzeilen. Den letzten Aufstieg vor sechs Jahren feierten einige Fans in der Cottbuser Innenstadt mit Outfits im Stil des rassistischen Ku-Klux-Klans.

Der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Martin Matz, hält es angesichts der jüngsten Ausschreitungen beim BFC aber nicht für praktikabel, Viertliga-Vereine für Polizeieinsätze zahlen zu lassen. Hierbei handle es sich um eine Debatte im kommerziellen Profifußball.

Tatsächlich wird das Bundesverfassungsgericht in einigen Monaten darüber entscheiden, ob die Deutsche Fußball Liga (DFL) für die Polizeikosten bei Hochrisikospielen zur Kasse gebeten werden kann. Die DFL hatte in dem jahrelangen Rechtsstreit Beschwerde gegen eine Bremer Regelung eingelegt.

„Angesichts des Geschäfts im Profifußball habe ich einige Sympathien dafür, die DFL an den Kosten zu beteiligen. Dafür braucht es aber eine bundesweite Regelung“, sagte Matz. „Das hilft uns aber nicht in der 4. Liga weiter.“ Dort würde eine solche Regelung die Vereine überlasten. „Stattdessen muss man die Vereine in die Verantwortung nehmen, dass sie auf die Fans einwirken. Sie müssen sich mehr um ihre Fans kümmern.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false