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Noch gehen Cafébetreiber ein Risiko ein, wenn sie offenes W-Lan anbieten.

© dpa / picture alliance

Freies Internet in Berlin: Surfen und surfen lassen

Der Senat will einen kostenlosen öffentlichen Internetzugang anbieten. Um rechtliche Probleme zu klären, soll der Bundesrat helfen. Denn noch drohen W-Lan-Betreibern erhebliche Haftungsrisiken.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Ein kostenloser, freier Zugang zum Internet möglichst überall in Berlin. Das ist leicht gesagt, aber schwer getan. Momentan bieten in der Stadt nur 76 Cafés, Bars, Hotels, vereinzelt auch Stadtbibliotheken den Gratiszugang per W-Lan an. Das Sommerangebot von Wall, das sich mit ihren 25 „blue spots“ an BVG-Haltestellen vor allem an Touristen richtete, ist Ende August ausgelaufen.

Um wenigstens die schwierigen rechtlichen Probleme zu lösen, die mit dem öffentlichen Zugang zum Internet verbunden sind, hat das Abgeordnetenhaus am Donnerstag den Senat aufgefordert, eine Bundesratsinitiative zu starten, die offenbar auch von Hamburg und Bremen unterstützt wird. Es geht darum, die Haftungsrisiken für W-Lan-Betreiber zu senken, denn ein freier, anonymer Netzzugang könnte den einen oder anderen dazu verführen, zum Beispiel illegal Musik- oder Filmdateien herunterzuladen oder das Urheberrecht auf andere Weise zu verletzen. Teure Abmahnungen und hohe Schadensersatzforderungen bedrohen in diesem Fall zuerst den Cafébesitzer, dessen Kunden kostenlos surfen dürfen. Im kryptischen Rechtsdeutsch heißt das „Störerhaftung“. Das Berliner Parlament will mit seiner Initiative die Rechtsvorschriften korrigieren, das geht aber nur über den Bundesrat. Der Beschluss im Abgeordnetenhaus fiel einstimmig, bei Enthaltung der Grünen.

Strittig bleibt zwischen den Fraktionen, ob sich die Nutzer eines freien W-Lan jedes Mal registrieren müssen und ob ihre Daten (Name, Mailadresse, IP- und Gerätenummer) vom Betreiber gespeichert werden dürfen, um bei einem Rechtsverstoß auf der sicheren Seite zu sein. Offen ist auch, wer das möglichst flächendeckende, innerstädtische Netz betreiben soll. Der Senat setzt auf private Anbieter, aus der Landeskasse gibt es kein Geld dafür. Das Unternehmen Wall war ein hoffnungsvoller, aber bescheidener Anfang. In San Francisco wird das öffentlich zugängliche W-Lan von Google gesponsort, davon kann Berlin nur träumen.

Inzwischen versuchen auch „Freifunker“-Initiativen, Bewegung in die Sache zu bringen. Sie haben für Berlin bereits Geräte mit dem schönen Namen „Freedom-Fighter-Box“ und die dazu passende Software entwickelt, die vorwiegend in Friedrichshain-Kreuzberg zum Einsatz kommen sollen. Ihre Zielgruppe sind nach eigenen Angaben „Projekte, Kneipen und Cafés“, die ihr W-Lan wegen des rechtlichen und finanziellen Risikos weitgehend nur noch verschlüsselt anbieten. Dagegen plädieren die Freifunker für „offene und anonyme“ Netze. Die Piratenfraktion im Abgeordnetenhaus unterstützt diese Bemühungen mit einem Parlamentsantrag, in dem der Senat aufgefordert wird, die Dächer von landeseigenen Gebäuden und von Immobilien öffentlicher Unternehmen „zur Nutzung von technischen Anlagen“ der Freifunker zur Verfügung zu stellen.

Neben diesen parlamentarischen Vorstößen läuft seit Juli ein Interessenbekundungsverfahren der Senatskanzlei für eine „Kooperation mit geeigneten Partnern für ein möglichst umfassendes gebührenfreies W-Lan-Angebot im öffentlichen Raum“. Angestrebt wird eine gemeinsame Internetplattform privater Betreiber, die Finanzierung über Werbung soll erlaubt sein. Konzentrieren soll sich das Projekt auf zentrale Orte der Stadt „mit hohem öffentlichen Verkehrsaufkommen und hoher Aufenthaltsqualität“. Der Senat will mit dem Ausbau der digitalen Infrastruktur „die Attraktivität und Konkurrenzfähigkeit“ der Stadt verbessern. Auf zwei Pilotprojekte (der Firma Wall und der Medienanstalt Berlin-Brandenburg) wird ausdrücklich hingewiesen. Das Interessenbekundungsverfahren läuft bis Ende Oktober.

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