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Berlin: Zum Nachteil der Region (Kommentar)

Für die Region steht viel auf dem Spiel. Wenn die Richter vom Oberlandesgericht Brandenburg am Dienstag den Daumen senken, heißt das: Berlin und Brandenburg werden länger, als es ihnen lieb sein kann, auf den neuen Großflughafen verzichten müssen.

Für die Region steht viel auf dem Spiel. Wenn die Richter vom Oberlandesgericht Brandenburg am Dienstag den Daumen senken, heißt das: Berlin und Brandenburg werden länger, als es ihnen lieb sein kann, auf den neuen Großflughafen verzichten müssen. Das hässliche Tauziehen um das milliardenschwere Infrastrukturprojekt würde unnötig verlängert, am Ende das ganze Vorhaben womöglich dauerhaft auf Eis gelegt. Zur Freude Dritter. Denn nicht nur in Sachsen-Anhalt liegen bekanntermaßen Pläne für einen alternativen Standort in der Wiedervorlage. Auch die Sachsen besitzen mit Leipzig einen ausbaufähigen Flugplatz.

Ausgeschlossen ist es nicht, dass die Mühlen der Justiz noch länger mahlen und am Ende der Europäische Gerichtshof entscheiden muss, inwieweit bei der Privatisierung der Berliner Flughäfen und der Vertragsvergabe zum Bau und Betrieb des Großflughafens Schönefeld tatsächlich alles mit rechten Dingen zugegangen ist. In jedem Falle steht bereits fest: es gibt viele, zu viele Ungereimtheiten, als dass die Sache kommentarlos zu den Akten gelegt werden könnte.

Den Alt-Eigentümern, den Vertretern von Bund, Brandenburg und Berlin muss die ganze Angelegenheit äußerst unangenehm sein. Denn über weite Strecken sind den Verantwortlichen völlig unnötige und überflüssige Fehler unterlaufen. Welche Blamage, geriete das Projekt Schönefeld jetzt tatsächlich ins Stocken und alles müsste von vorne beginnen. Umso ärgerlicher ist das, weil die Sache längst auf gutem Wege schien. Nach Jahren unerquicklicher Debatten und provinzieller Scharmützel verfestigte sich mit der Zeit immerhin der Eindruck, als habe man zur nötigen Sachlichkeit und Entschlossenheit gefunden. Irrtum. Weil sich im Schönefeld-Monopoly alles um Image, Macht und Milliarden dreht, herrscht inzwischen wieder der reinste babylonische Stimmenwirrwarr. Kommunalpolitiker, Landesfürsten, Fluggesellschaften - jedem kommt das Projekt Schönefeld wie gerufen. Mit dem Thema Flughafen meint man sich profilieren und gleichzeitig von eigenen Unzulänglichkeiten ablenken zu können. Dem einen passt der Fluglärm nicht, dem anderen nicht der Standort, und den Dritten ärgern die Zusatzgebühren, die den Fluggästen zur Teilfinanzierung des Projektes in Rechnung gestellt werden sollen - also nur den Nutzern und nicht allen Steuerzahlern.

Vor allem aber: Jeder will in dem Spiel gewinnen, keiner freiwillig den Part des Verlierers übernehmen. Schon gar nicht das in der Endrunde gegenüber Hochtief unterlegene IVG-Firmenkonsortium, das prompt Beschwerde einlegte. Die daraus erwachsenen neuen Grabenkriege haben die Peinlichkeiten freilich erst zutage gefördert. Fazit: zu wenig Kontrolle, zu wenig Problembewusstsein. Kurzum mangelhafte Professionalität - wenn nicht Poker-Mentalität - haben den Berliner Deal offenkundig begleitet. Nicht immer, nicht überall, doch in unangenehmer Weise zum Nachteil der Region.

Martina Ohm

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