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Unter Landsleuten. Jean-Luc Tingaud dirigiert Jules Massenet.

© Jean-Baptiste Millot

Der französische Komponist Jules Massenet: Liebling der Pariser Salons

Da staunt sogar der Fan: Dirigent Jean-Luc Tingaud hat Raritäten von Jules Massenet mit dem Royal Scottish National Orchestra eingespielt.

Als Jules Massenet Anfang der 1890er Jahre Goethes „Werther“ vertonte, rümpfte man die Nase in intellektuellen Kreisen – doch die Oper wurde ein Welterfolg, ebenso wie zuvor schon seine „Manon“ nach dem Roman des Abbé Prevost. Hart war der Weg an die Spitze für den 1842 geborenen Massenet gewesen, denn Karriere konnte man im Paris des 19. Jahrhunderts nur an der Oper machen – und deren Türen blieben junge Komponisten normalerweise lange verschlossen.

Jean-Luc Tingaud und das Royal Scottish Orchestra stellen auf ihrer bei Naxos erschienenen Massenet-CD zwei Werke aus dieser Phase des Ringens um Anerkennung vor, die beide 1873 entstanden sind: Da ist zum einen die Ouvertüre zu Racines „Phèdre“, die bei den populären Colonne-Konzerten uraufgeführt wurde.

Hier spürt man sofort, wie sehr es Massenet zur Bühne zieht, dass er ein Mann des Musiktheaters ist. Alles, was ihn später zum Liebling der Belle Epoque machen sollte, ist schon angelegt: Sein Gespür für Atmosphäre, seine üppige, vielfarbige Orchesterbehandlung, die Lust am Effektvollen, vor allem aber Massenets Gabe, eingängige, erotisierend-sinnliche Melodien zu schreiben.

Seine Karriere hat sich Massenet hart erkämpft

Einen echten Karriere-Kick brachte dem aufstrebenden Komponisten 1873 der Auftrag, eine Bühnenmusik für die Antiken-Tragödie „Les Erinnyes“ von Leconte de Lisle zu schreiben. Denn für die scène religieuse gelang ihm eine elegante, unmittelbar zu Herzen gehende Cello- Kantilene, die sofort in allen Salons nachgespielt wurde. Damit war er seinem Ziel ein gutes Stück näher gekommen: 1877 konnte er endlich am frisch eröffneten Palais Garnier debütieren.

Eine Entdeckung selbst für Massenet-Fans ist das poème symphonique „Visions“, das Jean-Luc Tingaud für sein CD-Projekt ausgegraben hat. Im Zentrum steht das Solo einer Violine, die eine süß-sinnliche Melodie singt, während sie von zarter Harfen-Begleitung umspielt wird. Damit erscheint die Tondichtung von 1891 wie eine Vorstudie zu jenem Stück, das bis heute Massenets berühmtestes ist: der drei Jahre später entstandenen „Méditation“.

Der Spanien-Mode in der französischen Musik hat Massenet gleich mehrfach gehuldigt: Mit seiner zweiten Oper „Don César de Bazan“ (die Naxos jüngst als Ersteinspielung herausgebracht hat), mit dem hier vertretenen Kurzballett „Espada“, bei dem er sämtliche Klang-Klischees über die südlichen Nachbarn meisterhaft bedient, und schließlich 1910 mit seinem Alters-Meisterwerk „Don Quichotte“.

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