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Politik: Auf Antrag des Gegners

Die Vorstände von CDU und CSU beraten über die Sozialreform

Von Robert Birnbaum

Dass ein SPD-Leitantrag einmal der Leitgedanke für ein Spitzentreffen von CDU und CSU werden würde, hat sich auch nicht jeder träumen lassen. So wird es aber sein, wenn sich die Vorstände der Schwesterparteien am Sonntag in München treffen: Die Union muss, so die von CDU-Chefin Angela Merkel vorher ausgegebene Losung, zu den Vorschlägen der Sozialdemokraten in Sachen Reform des Sozialstaats konkrete und gemeinsame Stellungnahmen finden – in allen anderen Fragen sind „Nuancen“ erlaubt. Trotzdem sind informell Bemühungen im Gange, eben diese „Nuancen“ bis zum Wochenende zum Verschwinden zu bringen. Mit der Schlagzeile „Weiter Streit in der Union“ soll das Treffen nämlich möglichst nicht enden.

Insbesondere der Alleingang des CSU- Chefs Edmund Stoiber in Sachen Arbeitslosengeld hatte der Union solche unschönen Zeilen beschert. Inzwischen ist Stoiber von seiner Forderung abgerückt, die Zahlung generell auf zwölf Monate zu begrenzen, und liebäugelt nun ähnlich wie der Kanzler mit einer Zugabe auf 18 Monate für ältere, auf dem Arbeitsmarkt ziemlich chancenlose Arbeitslose. Die CDU fordert eine feinere Staffelung bis zu 32 Monaten, orientiert daran, wie lange der Betroffene in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt hat. Auch andere „Nuancen“ und „Details“ der Arbeitslosenunterstützung sind zwischen CDU und CSU, aber auch innerhalb der CDU keineswegs geklärt – etwa die Forderung des Arbeitgeberflügels und des Fraktions-Supervizes Friedrich Merz, arbeitsunwilligen Arbeitslosen- und Sozialhilfe-Empfängern zur Strafe jede Leistung zu kürzen, was der Arbeitnehmer-Flügel der Union aber allenfalls als erzieherische Maßnahme für Jüngere akzeptieren will.

Nicht einfacher wird der Unionsgipfel dadurch, dass praktisch parallel dazu die gleichen Fragen in der Herzog-Kommission der CDU beraten werden. Ergebnisse liegen noch nicht vor, aber Mitglieder der Kommission bestätigen einen Reuters-Bericht, dass die Idee eines Karenzmonats beim Arbeitlosengeld in dem Gremium auf Sympathie stoße. Dieser erste Monat ohne Staatsgeld soll es erschweren, dass sich Arbeitslose erst einmal in die so genannte soziale Hängematte fallen lassen, statt sich sofort und mit voller Energie um einen neuen Job zu bemühen. Die heikle Frage der Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes hat die Herzog-Kommission – weit mehrheitlich ein Politiker-, kein Expertengremium – hingegen vorläufig noch ausgeklammert. Man wartet den Münchner Gipfel ab.

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