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Politik: Nur Zahlen, keine Erlösung - Die CDU hat viel von dem Bericht der Wirtschaftsprüfer erwartet - zu viel

Manche Hoffnungen hatte die CDU mit dem Bericht der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young verbunden. Wenn die Zahlen ordnungsgemäß geprüft vorliegen, dann könne die Partei reinen Tisch machen.

Manche Hoffnungen hatte die CDU mit dem Bericht der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young verbunden. Wenn die Zahlen ordnungsgemäß geprüft vorliegen, dann könne die Partei reinen Tisch machen. Wie ein Mantra haben Wolfgang Schäuble, Angela Merkel und mit ihnen alle zur Sache befragten CDU-Politiker diesen Glaubenssatz in den vergangenen zwei Monaten wiederholt. Und wie es so ist mit der Religion: nach monotoner Wiederholung desselben Credo, glaubt auch das skeptische Gemeindemitglied an die göttliche Botschaft, die Offenbarung und die Läuterung.

Doch das befreiende Halleluja aus der christdemokratischen Parteizentrale wird ausbleiben. Ebenso wird die demokratische Bürgergesellschaft nach der Veröffentlichung des Prüfungsberichts nicht erleichtert aufatmen und es mit einem Amen bewenden lassen. Denn die Wirtschaftsprüfer haben inhaltlich nichts Neues herausgefunden, was die Öffentlichkeit nicht bereits gewusst hätte.

Selbstverständlich ist es von Interesse, die Kontobewegungen von Rechtsanwalt Weyrauch zu lesen. Auch liegt jetzt eine Liste der Ein- und Auszahlungen auf den Anderkonten vor, und die Öffentlichkeit erfährt etwas über die Spesenausgaben mecklenburgischer Politiker und die Zinserträge aus den Mitteln unbekannter Herkunft. Doch genau diese Frage, die die Republik seit November bewegt, bleibt unbeantwortet: Woher kommen die Millionen der CDU?

Die Wirtschaftsprüfer weisen in ihrem Bericht auf die "Grenzen der Erkenntnismöglichkeiten" hin. Das wird sie Überwindung gekostet haben, denn sie sind es gewohnt, sytemimmanent zu prüfen. Das heißt, sie prüfen immer nur die ihnen vom Auftraggeber vorgelegten Unterlagen.

Sie haben sich im Fall CDU sogar entschlossen, von den handelnden Personen mittels eines Fragebogen Auskünfte über deren Finanztransaktionen einzuholen. Mit den Haupttätern Helmut Kohl, Walther Leisler Kiep, Uwe Lüthje, Horst Weyrauch und Hans Terlinden haben die Wirtschaftsprüfer gar persönlich gesprochen. Und dennoch bleibt der Erkenntnisgewinn gleich Null, da die Herren gegenüber den Prüfern schwiegen.

Das wussten wir auch vorher schon. Es schockiert auch nicht, dass rund zehn Millionen Mark an Spenden bis 1993 und weitere knapp zwei Millionen Mark seitdem nicht zuzuordnen sind. Das haben gesicherte Gerüchte seit Tagen besagt.

Allenfalls dokumentiert der Bericht die kriminelle Energie der CDU-Politiker und ihrer Helfer. So haben die Prüfer festgestellt, dass von Poolkonten weitere Unterkonten gespeist wurden. Andere Konten wurden hingegen eröffnet und direkt nach der Einzahlung und Überweisung wieder geschlossen. Diese Details lesen sich wie die Umsetzung einer Verschwörungstheorie von Linksradikalen der achtziger Jahre. Doch so unbrauchbar manch eine linke Theorie der Vergangenheit ist, so unnütz ist dieser Bericht.

Denn politisch betrachtet, ändert er nichts am Zustand der CDU. Sie wird sich weiterhin mit Kohl, Kanther und ihren kriminellen Machenschaften auseinandersetzen müssen. Der Bericht räumt auch nicht die Zweifel in der Gesellschaft an der Glaubwürdigkeit des Systems Bundesrepublik Deutschland aus.

Die mit dem Bericht verknüpften Heilserwartungen sind also nicht eingetreten. Denn mit der öffentlich bekundeten Erwartung an die Aufklärung versuchten Schäuble, Merkel und Gefolge, den letzten Hauch von Rechtsstaatlichkeit zu retten, der zu retten war. Wenn in ihrer Partei schon die demokratischen Regeln verletzt, die Verfassung gebrochen und Gesetze missachtet worden waren, dann sollte wenigstens die Aufklärung den Regeln des Rechtsstaats folgen.

Dass sich die CDU an das schwächste Glied knüpfte, ist verständlich. Aber nicht entschuldbar. Denn die Arbeit der Wirtschaftsprüfer hat auch in den vergangenen Wochen nicht dazu geführt, dass sich irgendetwas von Belang in der Partei getan hätte.

So wurde gestern zwar die lang ersehnte Botschaft verkündet, und die Offenbarung hat begonnen. Die Läuterung jedoch bleibt aus.

Ulrike Fokken

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