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UN-Generalsekretär Ban Ki Moon.

© afp

Libyen: UN-Generalsekretär überraschend in Libyen

Ban Ki Moon ist am Mittwoch zu einem Kurzbesuch in Libyen eingetroffen. Zuvor präsentierte der libysche Übergangsrat Al Kib als neuen Chef der Übergangsregierung. Der steht gleich vor denkbar großen Aufgaben.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon ist am Mittwoch überraschend zu einem Kurzbesuch in Libyen eingetroffen. Der Koreaner machte nach Angaben der Vereinten Nationen auf dem Weg zum G20-Gipfel in Cannes einen Abstecher nach Tripolis. Begleitet wurde er vom Präsidenten der UN-Vollversammlung, Nassir Abdulasis Al-Nasser (Katar). Es war Bans erster Besuch in Libyen seit dem Regimewechsel.

Während des kurzen Besuchs habe sich Ban mit Mitgliedern des Übergangsrates getroffen, hieß es von einem UN-Sprecher. Die Vereinten Nationen sind seit wenigen Wochen wieder mit einem größeren Stab in dem nordafrikanischen Land vertreten. Ihnen soll eine Schlüsselrolle bei den Reformen im Land zukommen.

Ban hatte Libyen Hilfe beim Wiederaufbau des Landes versprochen, das durch Bürgerkrieg und Misswirtschaft stark gelitten hat. Das Verhältnis zwischen Libyen und den Vereinten Nationen war unter dem früheren Machthaber Muammar al-Gaddafi stets angespannt gewesen. Die wenigen UN-Mitarbeiter, die in Tripolis damals geduldet worden waren, wurden in ihrem Handlungsspielraum sehr eingeschränkt.

Der Nationale Übergangsrat (NTC) hat derweil ein erstes Zeichen von Transparenz gesetzt. Die Wahl des neuen Chefs der Übergangsregierung wurde im Fernsehen übertragen. Das Rennen machte mit 26 von 51 Stimmen im ersten Durchgang der Wissenschaftler Abdul Rahim al Kib aus Tripolis. Al Kib hatte sich gegen vier Mitbewerber durchgesetzt. Der Rat hatte zuvor auch den Weg für Kandidaten frei gemacht, die neben der libyschen noch eine andere Staatsbürgerschaft besitzen. Der bisherige Amtsinhaber Mahmoud Dschibril war nicht mehr angetreten.

Damit ist es nun ein in der Bevölkerung praktisch unbekannter 61-jähriger promovierter Elektroingenieur und Unternehmer, der mit der Übergangsregierung die nächsten schwierigen Aufgaben lösen muss. Dazu zählt neben der Vorbereitung von Wahlen für eine verfassungsgebende Nationalkonferenz in maximal acht Monaten vor allem die Sicherung der großen Arsenale an schweren und sogar chemischen Waffen. Bereits am Montag hatte der UN-Sicherheitsrat in einer einstimmig angenommen Resolution Libyen dringend aufgefordert, die Waffenlager, zu denen auch zwei Lagerstätten für waffenfähiges Senfgas gehören, besser zu kontrollieren, um zu verhindern, dass sie Terroristen in die Hände fallen könnten.

Hinter vorgehaltener Hand hatten Diplomaten des Sicherheitsrates dort erklärt, dass bereits libysche Waffen in die sudanesische Konfliktregion Darfur gelangt sein könnten. Russland, auf dessen Betreiben der Beschluss erfolgte, hatte zudem speziell davor gewarnt, dass tragbare Flugabwehrraketen in falsche Hände fallen könnten. Insbesondere die Kleinst-Flugabwehrraketen müssten gesichert werden, damit nicht Terroristen in ihren Besitz kommen könnten, heißt es in der Resolution. Russland, einst wichtigster Waffenlieferant für das Regime von Diktator Muammar al Gaddafi, war Initiator der Resolution. Moskau geht es dabei vor allem um die sogenannten Manpads. Das sind kleine Flugabwehrraketen, die ein Schütze auf der Schulter trägt und dann abfeuert. Bekannt sind die amerikanischen „Stinger“ oder die russischen „Strela“. Nach Angaben der UN gibt es in keinem Land der Erde, außer den Herstellerländern, so viele Manpads. „Die Gefahr ist sehr groß, dass diese Raketen in die Hände von Terroristen fallen“, sagte der russische Vertreter im Rat. „Wir fürchten, dass sie dann gegen Passagiermaschinen eingesetzt werden könnten.“ Um den Schmuggel besonders dieser Raketen zu unterbinden, sollen die Grenzkontrollen nun verstärkt und die Transportwege besser überwacht werden. Die Resolution verpflichtet den NTC auch, Chemiewaffen in Absprache mit der Organisation für das Verbot chemischer Waffen in Den Haag zu vernichten.

Hilfe kann der NTC auch aus Deutschland erwarten: Außenminister Guido Westerwelle begrüßte die Resolution „als weiteren Schritt, damit der erhoffte demokratische Neuanfang in Libyen nicht durch die unkontrollierte Verbreitung von Waffen erschwert wird“ und erklärte, die Bundesregierung wolle den Übergangsrat speziell bei der Sicherung und Zerstörung von Landminen und Kleinwaffen sowie der Sicherung der chemischen Waffen unterstützen.

Inwieweit al Kib, der den bewaffneten Rebellen bei seinem Amtsantritt Respekt zollte und eine behutsame Entwaffnung ankündigte, dabei ein verlässlicher Kooperationspartner sein wird, muss die nächste Zeit erweisen. Bisher vertrat der Energieunternehmer, der der Revolutionsbewegung bereits im Februar beigetreten war, die Hauptstadt Tripolis im NTC. Darüber hinaus spielte er aber bisher keine bedeutende politische Rolle. Al Kib gilt als Mann der Mitte und wird weder dem liberalen noch dem islamischen Lager zugerechnet. (mit dpa/AFP/rtr)

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