zum Hauptinhalt

Politik: Wird auch die Pflege privat versichert?

Arbeitgeber wollen aus Finanzierung aussteigen / Ministerin dagegen / IG Bau fordert Buß- und Bettag zurück

Von

Berlin. Die Rürup-Kommission prüft die Abschaffung der Pflegeversicherung und eine stärkere private Beteiligung der Versicherten. Das bestätigte am Freitag Kommissionsmitglied Barbara Stolterfoht (SPD). Die Vorsitzende des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes sagte allerdings, noch sei „nichts entschieden“. Über die Zukunft der Versicherung und eine Finanzierung von Pflegeleistungen aus Steuereinnahmen ist es dennoch zu einem heftigem Streit zwischen Politik und Tarifparteien gekommen. Bundessozialministerin Ulla Schmidt (SPD) lehnt den Vorschlag ab, Arbeitgeber und Teile der Union dagegen befürworten einen Systemwechsel.

Die Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände forderte eine radikale Reform der Pflegeversicherung, die zurzeit paritätisch von Arbeitgebern und Arbeitnehmern finanziert wird. Denkbar sei ein Mischsystem aus umlagefinanzierter Basissicherung und Privatvorsorge. Auch Stolterfohts Vorschlag sieht die Einführung einer kapitalgedeckten Pflichtversicherung vor. Pflegeleistungen aus öffentlichen Kassen solle es nur noch für Bedürftige geben. DGB-Sozialexpertin Ursula Engelen-Kefer bezweifelte, dass die Kommission die Abschaffung der Versicherung vorschlagen werde. Dem Tagesspiegel sagte sie: „Das kann ich mir nicht vorstellen." Sie lehne eine Privatisierung ab. Denkbar sei aber, die Pflege- mit der gesetzlichen Krankenversicherung zu fusionieren. „Dann könnten Wirtschaftlichkeitsreserven in beiden Systemen ausgeschöpft werden.“ Zudem forderte sie bessere Leistungen und mehr Geld für die Pflegekräfte. Wenn die Pflegeversicherung zum steuerfinanzierten Leistungsgesetz werde, müsse auch „über die Wiedereinführung des Buß- und Bettags als gesetzlicher Feiertag nachgedacht werden", sagte Michael Knoch, Sprecher der Baugewerkschaft, dem Tagesspiegel. Die Arbeitnehmer hatten bei der Einführung auf den Feiertag verzichtet, um die Arbeitgeber zu entlasten.

Statt die Versicherung abzuschaffen, will Ministerin Schmidt das Vermögen der zu Pflegenden einbeziehen. „Es kann nicht sein, dass Pflegefälle erst Leistungen aus der Versicherung bekommen und dann ein großes Erbe hinterlassen.“ Andreas Storm (CDU) sagte, man prüfe den Vorschlag. Unions-Fraktionsvize Horst Seehofer will dagegen die Fusion von Pflege- und Krankenversicherung. Auch Frank Ulrich Montgomery, Chef des Marburger Bundes, ist für ein „System aus einem Guss“. Abschaffen dürfe man die Pflegekasse aber keinesfalls, sagte er dem Tagesspiegel. Schon jetzt gebe es Probleme bei der Entlassung von Patienten, die „zu gesund sind fürs Krankenhaus und zu krank für zu Hause“.

Die Deutsche Angestellten-Krankenkasse teilte derweil mit, bis Ende 2004 weitere 1400 Stellen streichen zu wollen. Trotz eines Defizits von 423 Millionen Euro (2002) und einem Beitragssatz von 15,2 Prozent wies sie Berichte über drohende Insolvenz zurück.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false