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Brandenburg: Unser Mann in Windhuk

1000 Kilometer für einen Artikel: Ein Cottbuser Journalist leitet Namibias älteste Zeitung

1000 Kilometer für einen Artikel: Ein Cottbuser Journalist leitet Namibias älteste Zeitung Cottbus - Gemütlich schlendert Stefan Fischer durch Cottbus. Die Wege in der Lausitzstadt kommen dem Sonnengebräunten kurz vor – er ist längere Strecken gewöhnt. „Die Wüste ist weit, ich fahre für einen Artikel schon mal 1000 Kilometer durchs Land“, sagt der 34-jährige Journalist in typisch Lausitzer Mundart. Der gebürtige Cottbuser arbeitet in Afrika, genauer in Namibia, der ehemaligen deutschen Kolonie Südwest-Afrika. Fischer ist Chefredakteur der „Deutschen Allgemeinen Zeitung“ (AZ) mit Hauptsitz in Windhuk. Die Tageszeitung aus der Hauptstadt beansprucht gleich mehrere Superlative für sich: Das 1916 gegründete Blatt ist die älteste und mit einer Auflage von etwa 6000 Exemplaren gleichzeitig auch die kleinste Tageszeitung Namibias. Seit Anfang der 30er Jahre erscheint sie täglich außer samstags und sonntags. Gelesen wird die Zeitung von den rund 23 000 deutschsprachigen Einwohnern Namibias, die rund 1,5 Prozent der Bevölkerung stellen. Auch deutschsprachige Urlauber greifen oft zu der traditionsreichen Zeitung. Sie ist eine von vier Tageszeitungen – aber die einzige deutschsprachige im Land. „Für viele Menschen sind wir hier so eine Art deutsche Botschaft, und natürlich helfen wir gerne“, sagt Fischer. Dennoch wehrt er sich gegen die Bemerkung, sein Blatt sei eine deutsche Zeitung. „Wir sind ganz klar eine namibische Zeitung, erscheinen eben nur auf Deutsch.“ Als das Gespenst der Landreform und damit die Nachrichten von der Enteignung vieler weißer Farmer Namibias im vergangenen Jahr durch deutsche Medien geisterten, bekam er viele Anfragen von Journalisten aus Deutschland, die Auskünfte über die Situation vor Ort einholen wollten. Touristen stornierten ihre Urlaubsreisen, andere wandten sich an Fischer mit Fragen, wie sicher Namibia noch sei. „Vieles kommt nur gefiltert in Europa an und ist Panikmache“, meint Fischer, der oft geduldig erklärt, dass das Thema kein neues und Namibia weiterhin ein lohnendes Ziel sei. Fischer ist gerne Botschafter für Afrika – vor wenigen Jahren war er selbst nur Tourist, wo jetzt sein zu Hause ist. Nach einer Fotografenausbildung arbeitete Fischer ab 1991 als Bildjournalist bei einer Cottbuser Zeitung, wo er auch zu schreiben begann. Als er 2001 von Cottbus nach Namibia zog, war der Naturfreund schon seit über einem Jahrzehnt immer wieder in das afrikanische Land gereist. 1996 hielt er das erste Mal eine Ausgabe der „Deutschen Allgemeinen Zeitung“ in den Händen: „Ich wurde neugierig, wollte wissen, wie die Kollegen dort arbeiten und besuchte die Redaktion.“ Die Redakteure boten ihm ein Praktikum an. Fischer sagte zu und arbeite im Jahr 2000 zunächst für drei Monate in Namibia. Dabei fiel der Entschluss: „Hier will ich leben.“ Auch die namibischen Kollegen wollten den Lausitzer nicht wieder gehen lassen. Er wurde Redakteur, später Chefredakteur des Blattes. Das liest sich wie viele deutsche Tageszeitungen auch und berichtet aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Sport aus Deutschland und Namibia. So kennt selbst ein entlegen im Busch wohnender Deutscher am Montag die Tabelle der deutschen Fußball-Bundesliga. Die Deutschen in Namibia pflegen ihre Kultur, egal ob heimische Küche oder traditionelle Feste. „Aber wir möchten auch erreichen, dass die Deutschsprachigen in Namibia wieder politischer werden“,sagt Fischer. Zurück nach Deutschland möchte er nicht mehr. Zu sehr würden ihm die Weite und die Lebensart Namibias fehlen. „In Afrika lebe ich bewusster und freier.“

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