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Landeshauptstadt: Chor der Wackelzähne

Friedenskirche ist mehr als Sehenswürdigkeit/Buntes Angebot für Gemeindekinder

Friedenskirche ist mehr als Sehenswürdigkeit/Buntes Angebot für Gemeindekinder Kirchen beherrschen seit Jahrhunderten die Silhouetten unserer Städte und Dörfer. Sie sind Zeugen einer geistig-kulturellen Entwicklung und offenbaren die Vielfalt des religiösen Lebens unterschiedlicher Konfessionen. Das gilt auch für die Landeshauptstadt Potsdam und ihre eingemeindeten Dörfer. Was aber geschieht heute in diesen Kirchen? Was bewegt die Menschen, die sich in einer Kirche zusammenfinden? Die PNN-Serie „Kirchliches Gemeindeleben“ geht diesen Fragen nach und versucht ein Bild zu zeichnen vom Engagement in den Kirchen der Stadt und ihrer neuen Ortsteile. Sie berichtet auch vom Zusammenspiel verschiedener christlicher Strömungen, die sich in der Ökumene wiederfindet. Heute: Die Friedenskirche Von Lutz Borgmann „In den Sommermonaten warten sonntags bis zu fünfzig Personen auf das Ende des Gottesdienstes, um die Kirche zu besichtigen“, sagt Superintendent Bertram Althausen, der an der Friedenskirche die erste Pfarrstelle innehat. Nach einem komplizierten Besetzungsschlüssel im Kirchenkreis ist er aber nur zu einem Viertel für die Gemeinde tätig. Mit Stadtkirchenpfarrer Martin Vogel ist die zweite Pfarrstelle besetzt; auch nur zu einem Viertel. Das reicht nicht aus, um die Sonntagsgottesdienste mit Predigern zu versorgen. Pfarrer im Ruhestand springen ein. Und zu besonderen Anlässen, wie am Bußtag 2003, betritt schon einmal eine katholische rbb-Intendantin die Kanzel. Dass diese halbe Pfarrstelle für eine kontinuierliche Seelsorgearbeit und den Besuchsdienst bei Kranken und Alten nicht ausreicht, beklagt Dr. Ulrike Funke, Vorsitzende des Gemeindekirchenrates, dessen acht Mitglieder zusammen mit einer Gemeindesekretärin die vielfältigen Aufgaben einer Innenstadtgemeinde „mit offenen Türen“ anpacken. Es sind ja nicht nur die Parkbesucher, die die Kirche mit dem aus dem 13. Jahrhundert stammenden Mosaik aus einer zum Abbruch bestimmten Kapelle bei Venedig besichtigen wollen. Ehrenamtliche „Tempelwächter“ sorgen dafür, dass die Kirche zwischen Ostern und Erntedank täglich geöffnet ist und sachkundige Auskünfte gegeben werden. Die malerische Lage am Park hat auch schon manches Brautpaar von außerhalb veranlasst, sich hier trauen zu lassen. Dank ihrer guten Akustik wird die Kirche gern für Konzerte genutzt. Die Kirchenmusik spielt eine bedeutende Rolle in der Friedensgemeinde. Kirchenmusikdirektor Matthias Jakob hat mit seinem Oratorienchor und dem Vocalkreis zwei Chöre herangezogen, die das Kirchenjahr mit anspruchsvollen Aufführungen begleiten. Außerdem betreut er die Gemeindekantorei, die im Gottesdienst zu hören ist, und die „Wackelzahn-Gruppe“ der jüngsten Sängerinnen und Sänger. In diesem Jahr können sich die Freunde und Förderer der Kirchenmusik auf ein besonderes Ereignis freuen: am 27. Juni wird die neue Orgel eingeweiht. Mit einem Kostenaufwand von einer Million Euro handelt es sich um das größte Orgelbauprojekt der Landeskirche. Mit 1209 Mitgliedern ist die Friedensgemeinde eine kleinere Gemeinde. Sie konnte in den letzten Jahren manchen Neu-Potsdamer begrüßen. Bei den Innenstadtkirchen spielt das Wohngebiet eine untergeordnete Rolle. Man geht in die Gemeinde, die einem gefällt. Dazu gehören Angebote, die über die traditionellen Aktivitäten, wie Bibelkreise, Seniorenkreise u.ä., hinausgehen. So treffen sich seit zwei Jahren junge Familien. Sie unternehmen Radtouren und veranstalten zweimal im Jahr Familienrüstzeiten, das sind mehrtägige Aufenthalte in kirchlichen Ferienheimen oder Tagungsstätten. Monatlich findet ein Kindersonntag statt, bei dem man nach dem Gottesdienst zu einem Programm und gemeinsamem Essen in der Kirche zusammenbleibt. Der Konfirmandenunterricht wird von Pfarrer Vogel nach einem neuen Konzept gestaltet: Anstelle des früher üblichen wöchentlichen Unterrichts versammelt er die Konfirmanden zu mehreren Wochenenden, an denen konzentriert gearbeitet, aber auch die Freizeit gemeinsam gestaltet wird. „Das Fundament der Gemeinde ist die Beteiligung der Gemeindeglieder“, betont Ulrike Funke und unterstreicht das Engagement der Ruheständlerinnen im „Lehrerwitwenhaus“. „Eine Gemeinde mit offenen Türen wollen wir sein“, sagt sie und hat ein Problem mit der Schlösserstiftung: An Wochenenden wird die Tür neben dem Kinderheim in der Schopenhauerstraße und das Dreikönigstor geschlossen. Dann müssen Gottesdienst- und Konzertbesucher einen Umweg bis zum Grünen Gitter machen. Aber vielleicht, so hofft sie, erinnert sich die Direktion an das Weihnachtslied „Macht hoch die Tür, die Tor macht weit“!

Lutz Borgmann

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