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Arktis-Forscher schlagen Alarm für die Nordpolarregion: Klimawandel hat gravierende Folgen

Arktis-Forscher schlagen Alarm für die Nordpolarregion: Klimawandel hat gravierende Folgen Von Jan Kixmüller Die Arktis erwärmt sich rapide. In den vergangenen 30 Jahren hat sich die Eiskappe um den Nordpol bereits um 15 bis 20 Prozent verkleinert, die mit Schnee bedeckte Fläche ist um 10 Prozent zurückgegangen. Schon zum Ende dieses Jahrhunderts könnte die nördliche Polarregion im Sommer völlig eisfrei sein. Zu diesen alarmierenden Ergebnissen kommt eine vom „Arktischen Rat“ in Auftrag gegebene Studie, die nun in deutscher Fassung erschienen ist. Die deutsche Ausgabe wurde in Zusammenarbeit mit dem Alfred Wegner Institut für Polar- und Meeresforschung (AWI) herausgegeben, dessen Potsdamer Außenstelle sich vornehmlich der Arktisforschung widmet. In der Nordpolarregion liegt nach Ansicht der Forscher der Schlüssel zum Klimageschehen in Europa. Der vom Mensch verursachte Treibhauseffekt nun greift erheblich in das Klima rund um den Nordpol ein. Aufzeichnungen über steigende Temperaturen, abschmelzende Gletscher, Verringerung von Fläche und Dicke der Eisdecke, tauende Permafrostböden und ein ansteigender Meeresspiegel liefern den Forschern heute schon überzeugende Indizien für die Erwärmung der Arktis. In den meisten Regionen steigt dort die Temperatur im Winter rascher als im Sommer, in Alaska und in Westkanada hat sich die Wintertemperatur in den vergangenen 50 Jahren um bis zu 3 bis 4 Grad erhöht. Für die kommenden 100 Jahre sehen die Prognosen für die Arktis eine Erwärmung von 4 bis 7 Grad voraus. Die Veränderung in der Arktis werden nicht ohne Folgen für das weltweite Klima bleiben. Das Abschmelzen des stark reflektierenden Eises und Schnees enthüllt die dunklere Land- und Meeresoberfläche, das Sonnenlicht wird dadurch – wie bei einem dunklen Kleidungsstück – stärker aufgenommen, und die Erderwärmung potenziert. Durch das Auftauen der Permafrostböden wird zudem Methan freigesetzt: ein Treibhausgas, das den Klimawandel weiter anfachen wird. Das Klima in Europa kann sogar direkt von der Entwicklung in der Arktis betroffen werden. Durch das Abschmelzen der Gletscher und verstärkten Eintrag von Flusswasser in das Nordpolarmeer wird sich nicht nur der globale Meeresspiegel erhöhen. Auch besteht die Gefahr, dass das einfließende Süßwasser die Meereszirkulation abschwächt, die durch den Salzgehalt des Atlantiks gesteuert wird. Vor dem Ausbleiben des Nordatlantikstroms, der im Winter Mitteleuropa Wärme bringt, warnt ein Kollege der AWI-Forscher, der Potsdamer Klimaforscher Prof. Stefan Rahmstorf, seit Jahren. Nach einem Jahrhundert steigender Temperaturen könnte über Europa abrupt eine Kaltzeit hereinbrechen. Von der derzeitigen Erwärmung sind in der Arktis die Natursysteme, die Tierarten aber auch die dort lebenden Menschen bedroht. Die Studie – wohl gemerkt kein Worst-Case-Szenario sondern eher eine gemäßigtes Modell – rechnet damit, dass der Rückgang der Eisdecke Eisbären, Robben und einige Seevögel an den Rand des Aussterbens bringen wird, Karibus und Rentiere werden ihre Wanderungswege ändern müssen. Die Baumgrenzen wird sich nach Norden verschieben, die Tundra von Wäldern ersetzt. Die Süßwasserfischerei, für die örtliche Bevölkerung die Ernährungsgrundlage, wird wahrscheinlich Schaden nehmen, wohingegen einige arktische Meeresfischgründe, die sowohl von globaler als auch regionaler Bedeutung sind, ergiebiger werden dürften. Positive Folgen könnte die Erwärmung auch in der Landwirtschaft haben: bei geeigneten Böden dürfte sich der Landbau nach Norden ausbreiten. Allerdings überwiegen die negativen Folgen die positiven. So wird die erhöhte UV-Strahlung zur direkten Bedrohung für die Bevölkerung. Die Studie geht davon aus, dass die heutige junge Generation der arktischen Bevölkerung einer 30 Prozent höheren UV-Dosis ausgesetzt sein wird. Nicht nur eine Gefahr wegen Hautkrebs, auch das Immunsystem wird durch die Strahlung geschwächt, grauer Star tritt gehäuft auf. Die Erwärmung am Boden hat nach Erkenntnis der Potsdamer AWI-Forscher unerwartete Auswirkungen. Im vergangenen Winter trat in der Stratosphäre eine Rekordkälte auf, die zum Abbau der Ozonschicht führte. Die Erderwärmung am Boden erzeugt paradoxerweise eine stärkere Abkühlung in großer Höhe. Das Ozonloch wurde zeitweise so groß, dass der fehlende UV-Schutz Anfang dieses Jahres bis in unsere Breitengrade reichte. „Der Arktis-Klima-Report“ ist in leicht verständlichem Lehrbuchformat erschienen, 144 Seite, 450 Fotos und Grafiken, 16,90 Euro, ISBN 3-934613-86-1.

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