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Landeshauptstadt: „Jänsebraten ein Jeschenk Jottes“

Dialekt und Umgangssprache in Brandenburg

Dialekt und Umgangssprache in Brandenburg Von Jule Scherer Seinen Anfang nimmt die Geschichte des märkischen Platts vor weniger als 1000 Jahren, haben u. a. Sprachforscher der Uni Potsdam herausgefunden. Was sich nach einer langen Zeit anhört, ist für eine Sprache eine relativ kurze Zeit. Die Bayern - deren Sprache übrigens zum Hochdeutschen zählt - oder Niedersachsen können auf eine weitaus längere Geschichte ihrer Dialekte zurückschauen. Und dennoch ist das märkische Platt als relativ „junge Sprache“ bereits vom Aussterben bedroht. Aber zurück zum Anfang. Vom sechsten bis zwölften Jahrhundert war das heutige Brandenburg vor allem von slawischen Stämmen bewohnt. Erst ab Mitte des 12. Jahrhunderts begann die Besiedlung des Gebiets durch deutsche Fürsten. Die Siedler kamen aus Niedersachen, Westfalen, vom Niederrhein und aus den Niederlanden. Und das spiegelt sich auch heute noch im märkischen Platt wider. Etwa in der Verwendung des „J“ statt eines „G“ - wie in „Jänsebraten ist ein Jeschenk Jottes“ - oder im „det“, das die dialektsprechenden Märker statt dem hochdeutschen „das“ oder dem niederdeutschen „dat“ verwenden. Zwei Ereignisse prägten die weitere Entwicklung der Brandenburger Sprache. Mitte des 14. Jahrhunderts stellen die fürstlichen und städtischen Kanzleien ihren Schriftverkehr vom Niederdeutschen - zu dem das Platt gezählt wird - auf das Hochdeutsche um. Durch den Kontakt mit der „anderen Sprache“ wandelt sich auch die Sprache der Märker. Die zweite Veränderung beginnt Mitte des 19. Jahrhunderts. Die Märker werden mobiler. Der Austausch mit dem immer größer werdenden Berlin nimmt zu. Und nach und nach übernehmen viele die Umgangssprache der Spreemetropole. Das Platt gilt als provinziell und bäuerlich. Das Berlinerische ist eine völlig eigene Sprache, die ihre Wurzeln zwar im mittelmärkischen Niederdeutsch - also dem Platt - hat, jedoch von vielerlei Einflüssen geprägt ist: Vom Hochdeutsch der Fürstenhäuser und dem Französischen der Hugenotten, dazu kommen jiddische und sächsische Einflüsse und nicht zuletzt die eigenständige Entwicklung zu dem, was heute als „Berliner Schnauze“ bekannt ist. Doch Berlinerisch ist nicht gleich Berlinerisch. Auch heute lässt sich noch feststellen, dass sich der Sprachgebrauch in den ehemals getrennten Teilen der Stadt unterscheidet - und dass Brandenburger häufig noch stärker berlinern, als die Hauptstädter selbst. Wissenschaftliche Untersuchungen haben dafür auch eine Erklärung. Im Westteil der Stadt war der Gebrauch des Berlinerischen eher ein Zeichen niedriger sozialer Herkunft. Folglich wurde er eher vermieden. Im Ostteil hingegen war Berlinerisch Hauptstadtsprache, mit der man sich gegen den „Rest“ der Republik abgrenzen wollte. Und das Umland wollte vom „hauptstädtischen Flair“ profitieren. Heute hat die Berliner Umgangssprache das märkische Platt so gut wie ausgelöscht. Nach einer Untersuchung der Universität Potsdam aus dem Jahr 1996 gibt es in Brandenburg nur noch vereinzelte Dialektsprecher in der Prignitz, der Uckermark, im Landkreis Dahme-Spreewald und im Fläming. Internet: www.uni-potsdam.de/u/germanistik/ ls_dia/umfrage

Jule Scherer

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