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Landeshauptstadt: Nüchtern lammfromm – betrunken ein Rambo

Jugendschöffengericht verhandelte gleich drei Anklagen gegen mehrfach Vorbestraften

Jugendschöffengericht verhandelte gleich drei Anklagen gegen mehrfach Vorbestraften AUS DEM GERICHTSSAAL Von Gabriele Hohenstein „Ich habe meinen Freund vor die Wahl gestellt: Entweder du trennst dich von deinen Saufkumpanen und kriegst dein Leben endlich in den Griff, oder ich bin weg“, berichtet Miriam B. * (17) im Zeugenstand. Die Drohung scheint gewirkt zu haben. Seit zwei Monaten rührt Marko G.* (21) kaum noch Alkohol an. „Hätten Sie früher damit begonnen, hätte es die Anklagen wahrscheinlich gar nicht gegeben“, mutmaßt die Vorsitzende des Jugendschöffengerichts. „Und Ihre zahlreichen Vorstrafen auch nicht.“ Doch Marko G. trank und feierte in der Vergangenheit oft und gern mit seiner Clique. Sein umnebeltes Hirn konnte dann Recht von Unrecht nicht mehr unterscheiden. So weist der Bundeszentralregister-Auszug des Bauhelfers u. a. Eintragungen wegen Bedrohung, Körperverletzung, Beleidigung, Hausfriedensbruchs und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte auf. Jetzt kommen versuchte gefährliche Körperverletzung, Beleidigung, Widerstand gegen Polizisten, vorsätzliche Trunkenheit im Verkehr sowie Körperverletzung in zwei Fällen dazu. Am 7. Dezember 2002 soll sich der Potsdamer vehement gegen das Ende einer lautstarken Party bei einer Bekannten in der Eduard-von-Winterstein-Straße gewehrt, die von Hausbewohnern alarmierten Ordnungshüter gar mit einem vollen Bierglas bedroht haben. „Ich weiß nicht mehr viel davon“, meint der Angeklagte kleinlaut. Der Polizeibeamte Marcel R. (27) erinnert sich an wüste Beschimpfungen und seine plötzlich von einem Schwall Gerstensaft durchnässte Kleidung. „Ich drehte mich um und sah den Angeklagten mit einem hocherhobenen Henkelglas in der Hand.“ Ein Kollege habe dem Wüterich das potenzielle Geschoss entrungen und ihn „mit einfacher körperlicher Gewalt zu Boden gebracht“. Mit 2,4 Promille soll Marko G. in der Nacht des 1. September 2002 mit seinem BMW in Mecklenburg-Vorpommern von der Straße abgekommen und gegen einen Pfeiler gerast sein. Dann sei er am Steuer eingeschlafen. „Ich war in Rostock beim Fischerfest. Keine Ahnung, wann und wieso ich ins Auto stieg. Ich weiß auch nicht, wo ich lang gefahren bin“, gesteht der Angeklagte. „Meine Erinnerung setzt erst wieder im Krankenhaus ein. Da wurde mir auch eine Blutprobe entnommen.“ Am 16. März 2003 schlug Marko G. - laut Anklage – in der Neuendorfer Straße seiner damaligen Partnerin die Faust ins Gesicht, nahm die 16-Jährige danach in den Schwitzkasten. Eine zu Hilfe eilende Freundin bearbeitete der Rambo ebenfalls mit den Fäusten. Dabei ging deren Brille kaputt. Ein Glassplitter verletzte das Mädchen dicht unter dem Auge. „Davon weiß ich auch nichts mehr. Ich war betrunken“ (1,98 Promille), meint der Potsdamer lakonisch. Er habe sich hinterher aber entschuldigt. „Marko ist nüchtern ganz normal“, stellt die Ex-Partnerin klar. „Aber wenn er trinkt, wird er aggressiv.“ Das Gericht glaubt an die Wandlung des Angeklagten, verurteilt ihn zu neun Monaten auf Bewährung (zwei Jahre) und einer Geldbuße von 500 Euro. (*Namen geändert.)

Gabriele Hohenstein

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