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Sport: Schalter umgelegt

Navina Omilade hat wieder Spaß am Fußball, wird zum DFB-Lehrgang in Portugal nachnominiert und beendet eine Durststrecke

Navina Omilade hat wieder Spaß am Fußball, wird zum DFB-Lehrgang in Portugal nachnominiert und beendet eine Durststrecke Von Jan Brunzlow Der Anruf kam Punkt zwölf Uhr. Es ist der Gongschlag, bei dem im Wilden Westen Duelle entschieden wurden, bei dem fleischgewordene Mythen starben und neue Legenden entstanden. Cowboys traten zur Mittagszeit auf die Straße, zogen die Waffen und schossen bis zum Umfallen. Am Mittwoch trat Fußballerin Navina Omilade aus dem Behandlungsraum auf die asphaltierte Straße, zückte ihr Mobiltelefon und hatte gewonnen bevor sie überhaupt einen Schuss aufs gegnerische Tor abgeben musste. Die Mittelfeldspielerin von Bundesligatabellenführer Turbine Potsdam bekam ihre Zusage zum Winterlager der Nationalmannschaft in Portugal, obwohl sie vor drei Tagen davon ausgeladen wurde. Das Ende einer Geschichte, die sich zu wiederholen drohte? Im Juli 2002 wechselte Omilade vom FFC Brauweiler Pulheim nach Potsdam. Sie kam als Nationalspielerin an die Havel, betreut mit der Aufgabe, die noch junge Mannschaft im Mittelfeld zu führen. Damals selbst erst 21 Jahre alt, änderte sich für die gebürtige Mönchengladbacherin jedoch nicht nur der Trainingsalltag. Erstmals von zu Hause weg, allein in einer neuen Umgebung und der Beginn des Studiums sorgten für die Herausforderung, der sie anfangs nicht gewachsen war. „Ich habe alles halb und nichts richtig gemacht“, erzählt die Europameisterin von 2001 rückblickend. Das Ergebnis dafür bekam sie auf dem Platz. Trainer Bernd Schröder bemängelte die Leistung der Hoffnungsträgerin, aus dem aufgehenden Star wurde eine einstige Klassespielerin. Es folgten Nationalmannschaftslehrgänge mit Blickrichtung Weltmeisterschaft, doch die Spielorte in den USA sah sie nur im Fernsehen. Und die Jubelfeiern der Kolleginnen. „Diese Bilder haben mir wieder Spaß am Fußball gegeben“, sagt die Tochter einer deutschen Mutter und eines nigerianischen Vaters. Der Spaß am Spiel ging ihr zuvor verloren. Es war nie so ernst wie bei Annika Machelett, dass sie ihre Schuhe ganz in die Ecke gestellt hätte, betont Omilade, doch auch sie betrachtete zwischenzeitlich ihr Hobby als Belastung und nicht als Bereicherung des Lebens. Der Gang zum täglich härteren Training als in ihrem letzten Verein wurde immer schwerer und der Kopf spielte verrückt, wie sie es bezeichnet. Jetzt macht es wieder Spaß und „ich bin gut drauf“, wagt sie eine Analyse der eigenen Leistungsbereitschaft. Wohlwissend, dass sie in den vergangenen Monaten weit unter ihren Möglichkeiten gespielt hat. Der Schalter scheint wieder umgelegt, geschafft hat sie das mit Hilfe von Freunden. Omilade sah bereits auf dem Display ihres Mobiltelefons, wer sie da zur Mittagszeit anruft. Bundestrainerin Tina Theune-Meyer gab der Sportwissenschafts-Studentin der Potsdamer Universität grünes Licht für einen Lehrgang mit der DFB-Elf – als achte Spielerin des FFC Turbine Potsdam. Erleichterung für die attraktive Fußballerin, denn „gerade nach der Weltmeisterschaft habe ich mir vorgenommen, in diesem Jahr nochmal richtig anzugreifen“. Der Plan war geschmiedet. Mehr Training, mehr Zeit auf dem Fußballplatz am Luftschiffhafen: gemeinsam mit Sportsoldatin Conny Pohlers wollte sie in den Semesterferien die Intensität erhöhen, um ihrem Ziel von den Olympischen Spielen auch bei der Bundestrainerin Nachdruck zu verleihen. Da kam die Nachricht vom Sonntag, dass sie nicht mehr im Kader Theune-Meyers ist, zu einem psychologisch ungünstigen Zeitpunkt. „Die Trainerin hat mir in einem langen Telefonat am Sonntag erklärt, dass sie mich noch ein bisschen zappeln lassen will“, erklärt Omilade. Die Hinhaltetaktik währte 72 Stunden, danach übermittelte die Bundestrainerin in einem kurzen Gespräch die für Omilade gute Nachricht. „Sie hat auch nie gesagt, dass sie nicht mehr auf mich setzt. Im Gegenteil, ich galt als erste Nachrückkandidatin.“ Nun hat sich eine Spielerin verletzt, Omilade steht daher am Samstag auf dem Flughafen, um mit der halben Potsdamer Bundesligamannschaft – Nadine Angerer, Ariane Hingst, Viola Odebrecht, Jennifer Zietz, Petra Wimbersky, Anja Mittag und Conny Pohlers – in den Frühling zu fliegen. Ob sie dann bei EM-Qualifikationsspiel gegen Portugal (7. Februar) dabei spielt, stehe derzeit nicht zur Debatte: „Jetzt bin ich erstmal froh, überhaupt dabei zu sein.“ Auch wenn ihr großes Ziel Athen ist, dass Jahr könnte für sie und die anderen Spielerin von Turbine Potsdam zum erfolgreichsten der Karriere werden. Den Hallenmasters-Titel bereits im Gepäck, stehen sie mit Turbine an der Spitze der Bundesliga und im Viertelfinale des DFB-Pokals. „Ich glaube, es ist für jede Spielerin in Deutschland das Größte, im Berliner Olympiastadion einzulaufen und um den Pott zu spielen“, sagte die 27-fache Nationalspielerin zu Beginn ihres Engagements in Potsdam. Erlebt hat sie es noch immer nicht. „Wir können auch die Hallenmeisterschaft aufbauen“, sagt sie nun, „aber wir müssen wieder von Spiel zu Spiel denken und uns an die Titel heran tasten“. Das nächste Spiel an das sie denkt findet in Portugal statt, im Urlaubsort Albufeira. Und auch wenn es im zehn Kilometer davon entfernten Hotel nur Trainingsspiele werden, für Omilade es ein Schritt in die richtige Richtung: raus aus dem Motivationstal, zurück in den Stamm der Nationalmannschaft.

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