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Landeshauptstadt: „Uniform kostet nicht unter 5000 Euro“

Der Vereinsvorsitzende der Langen Kerls, Bernd Kuhl, über das Verhältnis zur Stadt und die gegründete GmbH

Der Vereinsvorsitzende der Langen Kerls, Bernd Kuhl, über das Verhältnis zur Stadt und die gegründete GmbH Nun kennt auch die Queen die Potsdamer Riesengarde „Lange Kerls“. Zum Staatsbesuch der englischen Königin paradierte der Traditionsverein im November am Schloss Cecilienhof. Über neue Vorhaben der Potsdamer Riesen sprachen die PNN mit dem Vorsitzenden und Obristen der Truppe, Bernd Kuhl. Wie kam es dazu, dass die Langen Kerls vor der Queen paradieren durften? Wir folgten damit einem Wunsch der britischen Botschaft. Sie werden verstehen, dass wir diesen Auftritt als Höhepunkt unseres Vereinslebens werten. Mit Sondertraining und gründlichem Putzen der Montur bis hin zur Perücke und zum letzten Knopf haben wir uns darauf vorbereitet. Dieser Auftritt wird 2005 kaum zu toppen sein Wir haben von der Stadt gerade den Auftrag erhalten, bei der Steuben-Ehrung mitzuwirken, die der Generalinspekteur des US-Verteidigungsministeriums, Joseph E. Schmitz, am 30. April am Denkmal in der Schlossstraße vornimmt. Also hat sich das Verhältnis zur Stadt verbessert? Ich möchte eher einschätzen, es besteht gar kein Verhältnis. Die Einladung ist auf Drängen einer Nachfahrin des friderizianischen Offiziers zustande gekommen, der als Mitkämpfer George Washingtons in den USA legendären Ruf besitzt und alljährlich in New York durch die Steuben-Parade geehrt wird. Im übernächsten Jahr findet sie zum 50. Mal statt – schön, wenn wir dann wieder dabei sein könnten. Was die Stadt betrifft, ist das von Oberbürgermeister Jann Jakobs angekündigte Gespräch im Vorjahr erneut ausgefallen. Auf der Weihnachtsfeier der Reservistenkameradschaft „Großer Kurfürst“ bekamen wir endlich Gelegenheit, einen seltenen und wertvollen Kunstdruck „Europa“ an den Beigeordneten Burkhard Exner zu übergeben. Wir hatten das Bild im September bei unserem Besuch in Pianezza als Gastgeschenk für Potsdam erhalten. Der Bürgermeister wollte damit seine Unterstützung für die Bewerbung als Kulturhauptstadt Europas bekunden. Hoffentlich landet die „Europa“ nicht in der Rumpelkammer. In Pianezza sind wir wie stets herzlich empfangen worden und haben den dortigen Verein Grenadieri Brandenburghesi wieder zum Gegenbesuch eingeladen. Diese Truppe bezieht sich auf die Schlacht von Turin, als die Preußen 1706 unter dem Befehl des Alten Dessauers auch Pianezza von der französischen Fremdherrschaft befreiten. Wie wir hörten, wollen die Langen Kerls eine GmbH ausgründen. Nehmen sie mit ihren etwa 80 Auftritten im Jahr soviel Geld ein, dass sie das Finanzamt fürchten müssen? Gemessen an den Aufwendungen für unsere Ausrüstung sind die Einnahmen eher bescheiden. Doch indem wir die GmbH bilden und unter die Geschäftsführung eines gelernten „Finanzers“, unseres Vereinsmitglieds Dirk Klippert, stellen, klären wir dauerhaft die Gemeinnützigkeit betreffende Probleme. Das trägt auch zum Seelenfrieden des Vereinsvorsitzenden bei. Die Auftritte, sei es auf Wunsch von Behörden, Unternehmen, der Bundeswehr oder von Privatpersonen, sind künftig mit der GmbH zu vereinbaren. Die Langen Kerls sind doch prachtvoll uniformiert. Woher kommen dann hohe Ausgaben für die Ausrüstung? Die Uniformen sind nach teils zehnjährigem Gebrauch erheblich verschlissen. Die Neuanfertigung kostet ein Heidengeld, allein für ein Paar handgefertigte Gamaschen müssen wir 500 Euro hinlegen. Wir lassen jetzt probeweise eine Uniform anfertigen. Ich befürchte, unter 5000 Euro je Exemplar werden wir nicht davonkommen. Unseren Mitgliedern, unter denen sich einkommensschwache junge Leute, auch Arbeitslose befinden, können wir zusätzlich zu ihrem körperlich anstrengenden und zeitaufwendigen Hobby all diese Kosten nicht aufbürden. Außerdem wollen wir sechs Zelte als Unterkunft für die Biwaks anschaffen, auf denen wir unter anderem in Gorgast oder nahe der Burg Regenstein im Harz mit vielen anderen Uniformgruppen unser Können zeigen. Mit blauen Bögen und dem Regimentswappen werden die Zelte dem originalen Aussehen aus der Zeit des König Friedrich Wilhelms I. entsprechen. Suchen Sie denn noch Lange Kerls? Wir haben jetzt 32 Aktive, dazu 27 fördernde Mitglieder. Interessenten sind uns weiterhin willkommen. Sie finden uns bei den Trainingsstunden jeden ersten Sonnabend im Monat von 11 bis 15 Uhr im Krongut Bornstedt. Sie müssen mindestens 1,88 Meter groß und können zwischen 18 und 56 Jahren alt sein. Auch ab 16 kann man sich schon melden, dann wird ein Pate eingesetzt. Aber an den Tabakskollegien dürfen die 16-Jährigen noch nicht teilnehmen ... An diesen Abenden, die jetzt in „Emils Unikum“ stattfinden, wird, wie es unter dem Soldatenkönig Brauch war, auch Pfeife geraucht und Bier getrunken, sie stellen aber Weiterbildungsveranstaltungen dar. So gab und gibt es Vorträge unter anderem von Doktor Jürgen Kloisterhuis zu seinen neuesten Forschungen über die Langen Kerls oder von Franz Fabian über General Steuben. Das Gespräch führte Erhart Hohenstein

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