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Kultur: Der Geist der Versöhnung Benjamin Brittens „War Requiem“ erklingt in der Friedenskirche

„Im Mai 1962 fand in Coventry ein großes Fest anlässlich der Einweihung der wiederaufgebauten St. Michael-Kathedrale statt, die wie so viele andere großen Kirchen in ganz Europa während des Krieges von 1939 bis 1945 zerstört wurde: ich war gebeten worden, ein Werk zu schreiben, das zu diesem Anlass seine Premiere erleben sollte“, schrieb der englische Komponist Benjamin Britten.

„Im Mai 1962 fand in Coventry ein großes Fest anlässlich der Einweihung der wiederaufgebauten St. Michael-Kathedrale statt, die wie so viele andere großen Kirchen in ganz Europa während des Krieges von 1939 bis 1945 zerstört wurde: ich war gebeten worden, ein Werk zu schreiben, das zu diesem Anlass seine Premiere erleben sollte“, schrieb der englische Komponist Benjamin Britten. Und so entstand das „War Requiem“. Es war beabsichtigt, dass das Werk der ersten Aufführung von einer Russin (Sopran), einem Engländer (Tenor) und einem Deutschen (Bariton) gesungen werden sollte. Die Sopranistin Galina Wischnewskaja durfte aber Russland nicht verlassen. Auch 1968, als das „War Requiem“ in der Deutschen Staatsoper Berlin unter der Leitung von Herbert Kegel und des Komponisten aufgeführt wurde, durfte die russische Sängerin ebenfalls nicht nach Ostberlin reisen. Kegel nannte die Komposition eine Art „Neunte“ des 20. Jahrhunderts. An diesem Wochenende, am Sonnabend um 19.30 Uhr und am Sonntag um 18 Uhr wird das monumentale Werk in der Friedenskirche Sanssouci aufgeführt. Vor mehr als neun Jahren erklang Brittens Requiem das erste Mal in Potsdam. Friedrich Meinel hat es 1995 mit der Potsdamer Kantorei an der Erlöserkirche anlässlich des 50. Jahrestages des Endes des Zweiten Weltkrieges einstudiert. Nun haben Matthias Jacob und der Oratorienchor Potsdam sich der immensen Herausforderung des „War Requiem“ gestellt. Mit ihnen werden die Solisten Abbie Furmansky, Sopran, Tom Allen, Tenor, Jonathan Job, Bariton, der Poznaner Knabenchor sowie das Brandenburgische Staatsorchester Frankfurt an der Oder die Aufführung bestreiten. Als Co-Dirigenten stehen Jacob der Pole Jacek Synkulski sowie der Amerikaner Evan Christ zur Seite. Die Aufführung wird anlässlich der in Potsdam vom 3. bis 5. September stattfindenden Bausoldatenkonferenz zu erleben sein. Am 14. November 1940 zerstörten deutsche Bomben die englische Industriestadt Coventry. Von der gotischen Kathedrale blieben allein der Turm und die Außenmauern erhalten. Doch bereits nach zwei Monaten konnte unter freiem Himmel ein Altar aus Trümmersteinen errichtet werden. In seine Rückseite wurden die Worte „Father, forgive“ (Vater, vergib) eingemeißelt. Damit bekannten sich die Menschen der zerstörten Stadt zum Geist der Versöhnung. 1954 begann der Aufbau des neuen Gotteshauses. Spenden aus aller Welt ermöglichten den Wiederaufbau. Zur Einweihung wurde Brittens ungewöhnliches Werk uraufgeführt. Der Text der Totenmesse wurde bereichert durch Verse des im Ersten Weltkrieg gefallenen 25-jährigen Dichters Wilfried Owen (1893-1918). Es wird in ihnen nicht nur berichtet, es werden Fragen gestellt. Zum Beispiel wird mit den Worten „Ich bin der Feind, den du erschlugst, mein Freund“ wird der Wahnsinn des Krieges angeprangert. Den Opfern der Verfolgung und des Krieges wird am Schluss das musikalisch ergreifende „In paradisum deducant te Angeli ... Reqiescat in pace“ (Ins Paradies mögen dich die Engel geleiten ... Lass sie ruhen in Frieden) gesungen. Die herbe, farbenreiche und melodisch eigenwillige Tonsprache Brittens ist von beeindruckender Intensität. Ein großes, aber streng geordnetes, dramaturgisch prägnant eingesetztes vokales und instrumentales Aufgebot wird verlangt: drei Solisten, Knabenchor, gemischter Chor, Orgel, Kammerorchester, großes Orchester. Dem Solosopran, dem gemischtem Chor sowie dem Knabenchor sind im wesentlichen die lateinische Totenmesse zugewiesen, den Solo-Männerstimmen die Verse Wilfried Owens. In der Friedenskirche Sanssouci kann man einem großen kirchenmusikalischen Ereignis entgegen sehen, das man in seiner Dimension nicht täglich erlebt. Der Bassbariton Theo Adam, der mehrmals im „War Requiem“ mitwirkte, sagte: „Wenn man Britten, diesem bescheidenen Mann begegnet, kann man sich kaum vorstellen, dass er dieses so aufwühlende Werk geschrieben hat.“ Klaus Büstrin Karten in der Stiftungsbuchhandlung, Gutenbergstraße, in der Musikalienhandlung Böhlke, Jägerstraße.

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