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Potsdam-Mittelmark: „Die schnellste Verbindung sind die Füße“

Postverkehr an der Oder: 2200 Kilometer oder einfach über die Brücke von Frankfurt nach Slubice

Postverkehr an der Oder: 2200 Kilometer oder einfach über die Brücke von Frankfurt nach Slubice Von Hendrik Heinze Die Adressaten wohnen zum Greifen nah, ein an sie gerichteter Brief legt aber regulär rund 2200 Kilometer zurück: deutsch-polnische Wirklichkeit an der Oder zwischen Frankfurt und der Schwesterstadt Slubice. Postsendungen Richtung Osten erreichen ihre Empfänger erst nach Tagen via Berlin, Frankfurt/Main und Warschau. Ihre Verfasser spazieren indessen einfach über die Stadtbrücke. Frankfurts Rathaus und Universität machen sich das inzwischen zu Nutze. So stellen eigene Kuriere die Post für die Kollegen im Nachbarland „auf dem kleinen Dienstweg“ schnurstracks und sparsam selbst zu. „Der schnellste Verbindungsweg zwischen beiden Städten sind die Füße“, sagt Stadtsprecher Heinz-Dieter Walter. Im Rathaus der 70 000-Einwohner-Stadt sind es die Füße von Bettina Horn, die Post am anderen Oder-Ufer austrägt. Etwa 30 Briefe bringt die 54-jährige „Beaufragte für Internationale Zusammenarbeit“ pro Monat über die Oder. „Ich gehe ein- bis zwei Mal die Woche zu Besprechungen rüber in die Stadtverwaltung Slubice“, berichtet sie. Bei der Gelegenheit wird die Post für die Rathaus-Kollegen gleich mitgenommen. Wenn die Sonne scheint, setzt sich die Diplom-Sprachmittlerin für Polnisch auf ihr rotes Fahrrad; die Post reist im Korb mit. Die meisten Briefe zwischen den Zwillingsstädten gehen jedoch von den Briefkästen in Frankfurt (Oder) auf den Weg ins Brief-Sortierzentrum in Berlin und weiter per Flugzeug nach Frankfurt (Main). Vom Luftpostzentrum aus werden sie dann noch in derselben Nacht nach Warschau in die polnische Hauptstadt transportiert. Nach 1600 Flugkilometern erreicht die Korrespondenz schließlich wieder die deutsch-polnische Grenze. Etwa drei bis vier Tage dauert es so von Absender zu Empfänger, häufig auch einmal länger. Der für Brandenburg zuständige Post-Sprecher Rolf Schulz findet dies dennoch vernünftig. Insgesamt komme das Unternehmen so mit weniger Transporten und Bearbeitungsstellen aus. „Da, wo es sich lohnt, machen wir auch eine Extra-Transportverbindung auf.“ Das sei in Frankfurt aber nicht der Fall. Im Saarland hätten sich die Nachbarn mehr zu schreiben: Dort werde die Post bereits auf direktem Weg ins nahe Frankreich befördert. „Deutschland und Polen haben zwei unterschiedliche Netze, die zusammengefügt werden müssen“, erklärt Schulz die verhältnismäßig lange Laufzeit. Eine Verbesserung des polnischen Netzes und der schrittweise Wegfall der Zollkontrollen sollen die Beförderungszeiten in Zukunft verkürzen. Frankfurts Rathaus-Botin handele durchaus nicht nur clever, sondern auch absolut gesetzestreu, bestätigt Schulz. Gegen das Vorrecht der Deutschen Post, als einziges Unternehmen gewisse Briefsorten befördern zu dürfen, verstoße die Frankfurter Praxis nicht. „Es ist völlig legal, dass Versender ihre Briefe selbst zum Empfänger bringen.“ Bettina Horn macht sich keine Sorgen, dass ihre Kurierfahrten allmählich der elektronischen Post zum Opfer fallen: Befristete Sendungen, Unterschriebenes sowie Päckchen blieben auch in Zukunft ein klarer Fall für sie.

Hendrik Heinze

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