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Potsdam-Mittelmark: Drei Generationen halten die Tradition aufrecht

Die Feuerwehr Bliesendorf begeht in diesen Tagen ihr 75-jähriges Jubiläum / Seit 1953 ist Familie Wils dabei

Die Feuerwehr Bliesendorf begeht in diesen Tagen ihr 75-jähriges Jubiläum / Seit 1953 ist Familie Wils dabei Von Thomas Lähns Werder-Bliesendorf. Es muss Ende der 40er Jahre gewesen sein, als noch ein Melder mit dem Fahrrad durch das Dorf fuhr und mit einem Horn zum Feueralarm blies. „Willi Nichelmann hatte diese Aufgabe. Damals musste die Feuerwehr drei Mal im Jahr ausrücken, um Waldbrände zu löschen", entsinnt sich Friedhelm Wils. Der 71-Jährige blättert in alten Zeitungsberichten, sortiert die Erinnerungen: Die Russen marschierten durch den Wald, wahrscheinlich von Potsdam aus zu einer Wehrübung auf einen der nahegelegenen Übungsplätze. Durch Kocher, mit denen die Verpflegung erwärmt wurde, muss sich dann das Gras entzündet haben. Die Bliesendorfer Feuerwehr hatte damals nur einen „Tragkraftspritzen-Anhänger", das Löschgerät musste von einem Traktor gezogen werden. Der ehemalige Wehrführer weiß zahlreiche Anekdoten zu erzählen, die sich mit der hiesigen Feuerwehr verbinden. Im Januar vor genau 75 Jahren fanden sich die Nachbarn Emil Schneider, Karl Rothenbolle, Otto Nichelmann und Ernst Thiele zusammen und gründeten den Verein. „Am 18. Januar 1929 brannte beim Bauern Nichelmann die Scheune", erzählt Friedhelm Wils. Der Brand musste mit Wassereimern gelöscht werden, aus der Notwendigkeit heraus wurde am nächsten Tag die Wehr gegründet. Er kennt diese Geschichte selbst nur aus Überlieferungen, trat erst 1953 in die Feuerwehr ein. Ein gerahmtes Bild an der Wand des Gemeinschaftsraums in der Dorfstraße zeigt 18 junge Männer in Uniform – die ersten Mitglieder der Wehr. Wils setzt die Zeitreise fort: „Unsere Ausrüstung war mangelhaft, wir hatten nicht einmal genügend Helme." Bei einem Wettkampf in Geltow war ein Kamerad spaßeshalber mit einer Pickelhaube angerückt, erst da wurde von höherer Stelle die Not anerkannt und die Bliesendorfer bekamen die zeitgemäßen Stahlhelme. 1969 kam es zu einem weiteren Scheunenbrand – ausgerechnet am Abend des Feuerwehrballs. Zwei Jahre später wurde Friedhelm Wils Wehrführer, behielt diesen Posten für 15 Jahre. Neben dem verblichenen Foto aus der Gründerzeit hängen Bilder der heutigen Mannschaft, posierend vor dem Einsatzfahrzeug: einem W 50 - TLF. Der Wehrführer heißt heute zwar Löschgruppenführer, aber immer noch Wils. 1996, zehn Jahre nach dem Ausscheiden seines Vaters, übernahm Norbert Wils das Ruder in der Bliesendorfer Wehr. Die Geschichte der Feuerwehr ist auch ein bisschen Familiengeschichte. Seit 1993 ist nunmehr die dritte Generation vertreten: Andy Wils. Arbeit gibt es auch heute noch genug: Erst im letzten Sommer, während der großen Hitze, brannte der Wald am Autobahn-Dreieck Potsdam. 1999, mit der Eingemeindung und der Übernahme des W 50 aus dem Fuhrpark der Werderaner Wehr, waren die Bliesendorfer in der Ausrückordnung auf Platz zwei gerückt. Allerdings haben sich die Reihen gelichtet, nur noch acht Kameraden sind im aktiven Dienst. Auch die Mitte der 90er gegründete Jugendgruppe gibt es nicht mehr. „Mit dem Nachwuchsmangel haben die meisten Feuerwehren zu kämpfen", weiß Norbert Wils. „Der Nachwuchs ist das A und O", sagt sein Vater. Doch die meisten Bliesendorfer Kinder gehen mittlerweile in Werder und Glindow zur Schule, hätten danach nicht noch Zeit für die Feuerwehr. Ähnlich sei es bei den Erwachsenen: Der Beruf gehe heutzutage vor. „Damals bekam man sogar einen Tag im Monat frei für den Feuerwehrdienst." Im Schrank des Gemeinschaftsraums stehen zahlreiche Pokale, die sich die Bliesendorfer auf Wettkämpfen erstritten haben. Zu besonderen Anlässen, meistens Jubiläen anderer Feuerwehren, werden Löschangriffe geprobt. Im Juni dieses Jahres haben die Kameraden sozusagen ein Heimspiel, dann wird das eigene Jubiläum auf dem hiesigen Sportplatz gefeiert, aber nur, wenn nicht wieder ein Scheunenbrand dazwischen kommt.

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