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Sport: Vom Busfahrer zum Profi Hertha einigt sich mit Australier Scott Chipperfield

Noch einen Schweizer wollte Lucien Favre nicht mehr holen. So sagte er.

Noch einen Schweizer wollte Lucien Favre nicht mehr holen. So sagte er. Am Montag korrigierte sich der Trainer von Hertha BSC; der Klub einigte sich mit dem dritten Spieler aus seiner Heimat. Scott Chipperfield wurde aber vor 33 Jahren in New South Wales geboren, er spielt fürs australische Nationalteam (54 Spie le, 11 Tore); die Schweizer Staatsbürgerschaft besitzt er erst seit 2007. Als Referenz bringt er 21 Einsätze und sechs Tore in der Champions League mit. Der Linksfuß kann in der Verteidigung und im zentralen Mittelfeld spielen.

Eigentlich sollte Chipperfield gestern mit dem FC Basel ins Trainingslager ins spanische La Manga fahren. Aber er informierte seinen Klub über das Berliner Angebot, ihn bis Saisonende unter Vertrag zu nehmen. Der Schweizer Meister stimmte zu, Chipperfield flog zu Hertha nach Marbella. Ein Vertrag wurde aber dort noch nicht unterzeichnet. Denn Chipperfield zeigte vergangene Woche eine Reaktion auf eine alte Verletzung. Aus Basel hieß es, eine Operationsnarbe im linken Fuß habe sich entzündet. Chipperfield hatte zuletzt eine Fersenspornverletzung und Nierenerkrankung auskuriert. Hertha untersucht das nun. Sollte Chipperfield kommen, könnte er länger bleiben. Nach elf Spielen von Beginn an verlängert sich sein Vertrag um ein Jahr.

Chipperfield spielte seit 2001 für Basel und stritt dort mit Favres FC Zürich 2006 und 2007 hart um die Meisterschaft. Frank Farina, bis 2005 Australiens Nationalcoach, sagt über Chipperfield: „Neben dem Platz ist er ein Engel, auf dem Platz ein Teufel“, eben ein typischer Australier.

Bei der WM 2006 kam es nach dem Spiel gegen Brasilien zu einer denkwürdigen Szene: Ein brasilianischer Betreuer drückte Chipperfield das Trikot des Weltstars Roberto Carlos in die Hand. Chipperfield nahm es, warf einen abschätzigen Blick drauf und gab es zurück. Die Enttäuschung über das 0:2 wog zu schwer. Die Australier schafften es dennoch in die Endrunde, übrigens mit einem 2:2 gegen Kroatien, für das der gebürtige Australier und Hertha-Verteidiger Josip Simunic spielte. Im Achtelfinale gegen Italien hatte Chipperfield das Siegtor auf dem Fuß, drosch den Ball aber genau auf Italiens Torhüter Gianluigi Buffon. Am Ende gewann Italien durch ein umstrittenes Elfmetertor.

Begonnen hat Chipperfields Karriere bei den Wollongong Wolves, mit denen er zweimal Australischer Meister wurde – als Halbprofi, der als Busfahrer arbeitete. Als ihn Australiens Verband 2001 via Mobiltelefon über seine erste Nominierung fürs Nationalteam informierte, saß er gerade am Steuer; die ersten Gratulanten waren seine Fahrgäste, die er via Lautsprecher an seinem Glück teilhaben ließ. Der frühere Schweizer Nationalspieler Marco Grassi war damals auf Geschäftsreise in Australien, er sah Chipperfield, schickte ein Video in die Heimat. Basel griff zu. Grassi ist bis heute Chipperfields Berater.

Chipperfields Ziel war die Premier League. Nach der WM 2006 bot Charlton Athletic eine Million Euro, aber Basel entließ ihn nicht. Vielleicht war das gut. Australiens neuer Nationaltrainer Pim Verbeek beklagt, dass viele Spieler in England viel Geld verdienten, dort aber auf der Bank säßen. Scott Chipperfield will bei Hertha Spielpraxis auf hohem Niveau sammeln und in der Nationalmannschaft das fortführen, was er zum Auftakt der WM-Qualifikation angefangen hat. Im ersten Qualifikationsspiel gelang ihm das Tor zum 1:0-Auswärtssieg gegen Usbekistan.

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