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DGB: Mehr Mindestlohn

Gerade hat der Bundestag die Ausweitung auf weitere Branchen beschlossen – dem DGB reicht das nicht. Die bisherige Forderung von 7,50 soll auf acht bis neun Euro erhöht werden. Die Gewerkschaften scheinen Rückenwind zu spüren.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) legt im Kampf um einen gesetzlichen Mindestlohn für alle Branchen nach. Trotz des Bundestagsbeschlusses vom Donnerstag, für weitere sechs Branchen verbindliche Lohnuntergrenzen einzuführen, plant der DGB, seine Forderung von 7,50 Euro zu erhöhen: Funktionäre aus den Einzelgewerkschaften sagten dem Tagesspiegel, dass sie mit acht bis neun Euro rechnen. Dass der Dachverband DGB bisher selbst 7,50 Euro nicht durchsetzen konnte, störe bei einer neuen Kampagne nicht, hieß es.

Die Gewerkschaften spüren offenbar Rückenwind und verwiesen auf die seit Jahren erstmals nahezu stabilen Mitgliederzahlen. Der DGB vereint derzeit 6,37 Millionen Menschen. Gewerkschaftliche Überzeugungen bekämen wieder Anerkennung, sagte DGB- Chef Michael Sommer am Donnerstag in Berlin. Die Gewerkschaften würden die Aufarbeitung der Wirtschaftskrise zum Anlass nehmen, Stärke zu demonstrieren. „Plötzlich singen viele unser Lied“, sagte Sommer mit Blick auf die Politik und einige Medien. Im Übrigen habe die „erfolgreiche Tarifrunde 2008 entscheidend dafür gesorgt, dass sich der Konjunktureinbruch wegen der zumindest bis heute halbwegs stabilen Binnennachfrage noch nicht als Katastrophe erwiesen hat“. Mit einem Kapitalismuskongress im Mai, zu dem linke Gruppen, internationale Wissenschaftler und Kirchen eingeladen werden sollen, und einer Großdemonstration durch die Hauptstadt wolle man die Debatte um eine „Marktwirtschaft für Menschen“ vorantreiben. Das Thema Mindestlohn bleibe für den DGB dabei zentral.

Kapitalismus in der Krise

Die Branchen, in denen künftig ein Mindestlohn gilt, beschäftigen bundesweit rund drei Millionen Menschen. Ein Teil von ihnen verdient aber schon heute mehr. In den bisher betroffenen Branchen – etwa dem Baugewerbe – arbeiten 1,8 Millionen Menschen, hinzu kommen nun 1,2 Millionen aus der Pflege, aus Großwäschereien, Wachdiensten, der Abfallwirtschaft, Bergbauspezialdiensten und Weiterbildungseinrichtungen.

Durch das Entsendegesetz kann ein Tariflohn für eine ganze Branche als verbindlich erklärt werden, wenn Arbeitgeber und Gewerkschaft dies gemeinsam beantragen und der Tariflohn schon für mehr als die Hälfte der Branche gilt. Die Neuregelung werde für mehrere hunderttausend Arbeitnehmer bessere Löhne bringen, sagte Bundesarbeitsminister Olaf Scholz (SPD). FDP und Linke stimmten gegen den Beschluss: Die Liberalen wollen keine staatliche Einmischung, die Linke will einen einheitlichen Mindestlohn und keine „Flickschusterei“.

Für Leiharbeiter hat sich der Koalitionsausschuss ebenfalls grundsätzlich auf eine Lohnuntergrenze geeinigt. Die Höhe wird später im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz festgelegt. Leiharbeiter würden demnach aber immer noch weniger verdienen als die festen Beschäftigten im jeweiligen Betrieb. Die Gewerkschaften forderten, Leiharbeitern vom ersten Tag an den gleichen Lohn wie für die Stammbelegschaften zu zahlen.

Die Abgeordneten votierten am Donnerstag auch für das Mindestarbeitsbedingungen-Gesetz, durch das bei Bedarf in Branchen, in denen Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände kaum vertreten sind, ein Mindestlohn eingeführt werden kann. Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt beklagte, durch den Beschluss werde die „Voraussetzung für Eingriffe in die Tarifautonomie“ geschaffen.

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