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Mein ERSTES Geld (205): Schuften in der Zeche

Ich habe in den Sommerferien auf dem Bau gearbeitet. Mein Vater war Stadtdirektor in Hückelhoven-Ratheim – das liegt in der Nähe von Heinsberg an der holländischen Grenze.

Ich habe in den Sommerferien auf dem Bau gearbeitet. Mein Vater war Stadtdirektor in Hückelhoven-Ratheim – das liegt in der Nähe von Heinsberg an der holländischen Grenze. Er meinte, der Junge, also ich, solle mal körperlich arbeiten. Ich war 17, und die körperliche Arbeit bestand darin, als Handlanger mitzuhelfen, einen Förderturm der Zeche Sophia-Jacoba umzubauen. Der Job war sehr ungewohnt, schmutzig und körperlich anstrengend. Abends war ich in der ersten Zeit – bis man ein paar Schontricks kannte – sehr erschöpft. Ich habe, wenn ich mich richtig erinnere, 1,90 Mark in der Stunde verdient. Das Geld gab es am Wochenende in einer Lohntüte, allerdings nur mit einem Abschlag. Den Rest bekam ich nach Beendigung dieses Ferienjobs. Dieses erste Arbeitseinkommen habe ich zusammen mit einem Zuschuss meiner Eltern in ein Moped investiert. Die Arbeit war zwar hart, hat mich aber sonst nicht belastet.

Anders war das bei meinem nächsten Job. Mitte der 1960er Jahre habe ich als Student, der sich von seinem konservativen Elternhaus absetzen wollte, beim Otto-Versand Hamburg gearbeitet. Mir war klar, dass ich diese körperlich nicht anstrengende, aber eintönige Tätigkeit nur eine überschaubare Zeit würde machen müssen. Aber ich habe gesehen, dass die meisten meiner Kolleginnen und Kollegen am Band, die sämtlich aus bildungsfernen Elternhäusern kamen, diese öde Arbeit ihr Leben lang würden machen müssen und faktisch keine Chance hatten, was Besseres zu finden. Diese Perspektivlosigkeit hat mich bedrückt und Sprüche, wie ich sie oft gehört hatte, „Man muss nur wollen“ oder „Jeder ist seines Glückes Schmied“ zu Phrasen werden lassen. Dies war sicher mit ein Grund dafür, warum ich – als Kind aus einem „schwarzen“ Elternhaus – Ende der 1960er Jahre Mitglied der SPD wurde.

Aufgezeichnet von Heike Jahberg

Bert Rürup (68)

war Chef der Wirtschaftsweisen und

Leiter der Rentenkommission. 2009 wechselte er zum Finanzdienstleister AWD und gründete die Beratungsfirma MaschmeyerRürup AG.

Bert Rürup Ex-Wirtschaftsweiser

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