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Carola Zarth

© Marie Staggat / Marie Staggat

Für mehr Chancengleichheit: Zimmer in Berlins Studentenheimen für Auszubildende reservieren!

Berlins Handwerkskammerpräsidentin Carloa Zarth sorgt sich um bezahlbaren Wohnraum für 35.000 Auszubildende in der Stadt. Folge 74 unserer Kolumne „In der Lobby“

Eine Kolumne von Carola Zarth

Wer sich erinnern kann, dass das „Hotel Mama“ zuweilen zwar eine tröstliche Auszeit bedeutete, aber nicht das Nonplusultra für unabhängige junge Menschen ist, der weiß, dass die Freiheit meist dort beginnt, wo das elterliche WLAN endet – oder der kritische Blick auf die eigene Ordnung, die nicht den familiären Kriterien entspricht.

Doch wie sieht die Realität zum Beispiel für unsere ambitionierten Auszubildenden im Handwerk aus? Richtig, sie müssen nicht nur den eigenen Platz im Leben finden, sondern erst einmal einen geeigneten Platz zum Wohnen – und das in Berlin, wo selbst das Ergattern einer bezahlbaren Mietwohnung oder eines WG-Zimmers einem Sechser im Lotto gleicht. Für Studierende gibt es Wohnheime, aber wer hat schon einmal etwas von Azubi-Wohnheimen gehört?

Niemand. Wirklich nicht? Dann ist es an der Zeit dafür, denn ein Zimmer in einem Wohnheim zu finden, sollte eigentlich keine Heldentat sein, aber für unsere Handwerks-Azubis wird es zur Sisyphusarbeit. In einer Stadt, in der viele Bildungswege offenstehen, die duale Ausbildung Theorie und Praxis vorbildlich verbindet und die über gute Fach- und Berufsschulen verfügt, ist es paradox, dass junge Menschen, die den Motor dieser Stadt am Laufen halten, kaum einen Platz zum Schlafen finden.

Wohnheim des Studierendenwerks in Berlin-Westend.

© picture alliance/dpa/Jörg Carstensen

Das ist nicht nur ungerecht, sondern geradezu kontraproduktiv und rückwärtsgewandt. Berlin braucht Menschen, die „ins Machen“ kommen möchten, die anpacken und beispielsweise zukünftig die Klimawende unterstützen wollen, die die Stadt in den Kiezen mit Dienstleistungen und Handwerksarbeit mitversorgen.

Also, liebe Berliner Entscheiderinnen und Entscheider, wie wäre es mit einem kleinen, aber feinen Dreh? Es wird Zeit, dass die duale Ausbildung genauso ernst genommen wird wie das Studium an einer Hochschule. Und weil wir dabei sind: Warum können beide, Studierende und Auszubildende, nicht auch Wand an Wand wohnen? Bisher gibt es bedauernswert wenige Wohnheimplätze, die auch Azubis zur Verfügung stehen. Wenn wir wirklich wollen, dass die duale Ausbildung eine anerkannte Qualifizierung parallel zur akademischen Laufbahn darstellt, brauchen wir mehr als nur Lippenbekenntnisse.

Wir haben in Berlin rund 200.000 Studierende und 35.000 Azubis in einer dualen Ausbildung. Die Relation zwischen der Anzahl von Studierenden und Wohnheimplätzen sollte ebenso auf die Anzahl von Auszubildenden hochgerechnet werden. Somit sollten mindestens 17 Prozent der Berliner Wohnheimplätze den Auszubildenden zur Verfügung gestellt werden.

Lasst uns nicht nur über Chancengleichheit reden, sondern sie auch umsetzen. Damit unsere jungen Talente ihre Entscheidungen anhand ihrer Interessen, nicht anhand der Verfügbarkeit von Wohnraum treffen können. Das klingt doch nach einem fairen Deal, oder? Ob durch staatliche Programme, private Initiativen oder das Öffnen von Studierendenwohnheimen für Azubis – die Lösungen sind vielfältig. Wichtig ist, dass endlich gehandelt wird.

Also Berlin, mach Platz! Unsere Azubis brauchen mehr als nur eine gute Ausbildung – sie brauchen ein Dach über dem Kopf, wo sie – bei Bedarf – auch mal ihre Socken liegenlassen können.

In dieser Kolumne kommentieren Köpfe der Berliner Wirtschaft die aktuelle politische Lage. Lesen Sie auch unsere Kolumne „Meine Lehre“, in der Auszubildende ihre Berufe vorstellen.

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