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Berlin: Locker beim Zocker

Vor einem Jahr flog die Affäre um Fußball-Wetten, Robert Hoyzer und die Brüder Sapina auf Die trafen sich immer im Charlottenburger Café King. Dem verschaffte der Skandal ganz neue Kundschaft

Über mangelnden Umsatz kann sich Milan Sapina nicht beklagen. Seit vor einem Jahr der Wettskandal aufflog, geht es seinem Café King wirtschaftlich besser als je zuvor. Weil das Café inzwischen bekannt ist, in Berlin und bei Fußballfans der Republik. „Klar wären wir lieber wegen unserer Cocktails berühmt geworden. Aber vieles im Leben kann man sich eben nicht aussuchen.“

Milan ist der älteste der drei Sapina- Brüder, die in den größten Wettskandal der letzten drei Jahrzehnte verwickelt waren. 40 Jahre alt, Kurzhaarschnitt, Lederjacke und Bluejeans, ein Gesicht zum Gernhaben. Seit acht Jahren ist der Kroate Besitzer des Café King in der Charlottenburger Rankestraße. Des Cafés also, in dem Spielmanipulationen verabredet wurden. Als die Polizei im vergangenen Januar das Café stürmte und die Sapina-Brüder festnahm, fanden die Beamten 1000 Wettscheine. Seitdem gilt das Café als Brutstätte des Skandals. Deshalb haben die Anbieter von Stadtrundfahrten die Rankestraße in ihre Touren einbezogen. Regelmäßig steigen Touristengruppen aus Bussen aus, um sich das berüchtigte Café anzugucken. Die einen bleiben draußen stehen und knipsen durch die Fensterscheibe, andere gehen rein und schauen sich ganz genau um. Und sind „überrascht, weil sie kein dreckiges Verbrecher-Lokal vorfinden“, wie Kellnerin Anna sagt. Sondern ein ganz gewöhnliches: Es gibt Sitzecken mit schwarzer Ledergarnitur, Zierpalmen, einen rechteckigen Tresen in der Mitte. Aus den Boxen dudelt Hiphop-Musik. Im hinteren Raum hängt ein großer Fernseher an der Wand. Nein, das sei nicht das gleiche Modell wie der berühmte Plasmabildschirm, den Robert Hoyzer als Belohnung für ein verpfiffenes Spiel erhalten haben soll: „Unser ist ein Sony, der andere war von Philips.“ Manche Touristen bitten Milan Sapina, für ein Erinnerungsfoto in die Kamera zu lächeln. Dem kommt der Kroate gerne nach. Überhaupt versteht er sich darauf, aus der unrühmlichen Berühmtheit Kapital zu schlagen: Am Tresen können Gäste T-Shirts mit dreifarbigem Café-King- Logo für 15 Euro kaufen. Es gibt auch bedruckte Aschenbecher, Feuerzeuge, Schlüsselbänder. Und Postkarten: „Schöne Grüße aus Berlin“ steht da drauf, rechts ist die Gedächtnis-Kirche abgebildet, links das Café. „Der Laden ist fast so bekannt wie die Siegessäule“, meint der 19-jährige Dennis Horvat, der seit Jahren Stammgast im Café ist und sich darüber ärgert, dass „inzwischen so viele Nichtberliner hier aufkreuzen, weil das für sie Kult ist“. Horvat und seine Freunde haben sich durch die Razzia nicht abschrecken lassen, andere Stammgäste schon.

Zum Beispiel die prominenten Sportler: „Früher sind hier Spieler von Alba und vom FC Union ein- und ausgegangen. Und die halbe Hertha-Mannschaft.“ Seit vorigem Januar bleiben die weg. „Das versteh’ ich aber“, sagt Sapina. Das Café ist auch nicht mehr Sponsor des Berliner Amateurclubs SD Croatia. „Wir wollen erst mal Ruhe einkehren lassen.“ Sagt es und schaut ins Leere. Wie man ihn da so friedlich sitzen sieht, möchte man kaum glauben, dass er im November wegen Betrugs und Beihilfe zum Betrug in drei Fällen verurteilt wurde. Zu einem Jahr und vier Monaten auf Bewährung. Milan selbst will das wohl auch nicht glauben, jedenfalls ist er in Berufung gegangen. Er sagt, dass er einfach nur zu spät mitbekommen habe, womit sein Bruder Geld verdiente. „Andererseits: Ob ich mir so ein Geschäft hätte entgehen lassen?“

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