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Großer Auftritt. Til Schweiger und seine Freundin Svenja Holtmann.

© P. Sinkel/dapd

Til Schweiger am Potsdamer Platz: Gebremste Premierenfreude

Til Schweigers neuer Film "Kokowääh" feierte am Dienstagabend Premiere am Potsdamer Platz. Viele Gäste beschäftigte aber auch der Tod des Produzenten Bernd Eichinger.

Wer sich dem roten Teppich unter dem Sony-Zeltdach am Potsdamer Platz am frühen Dienstagabend näherte, hätte denken können, es wäre dort wieder mal eine Premiere wie jede andere: die Spaliere der Schaulustigen, die beim Auftauchen des Hauptstars pflichtschuldig in Kreischen ausbrachen, die Jauchzer der Auserwählten, die vom munter plaudernden Moderator dann und wann noch Tickets über die Balustrade gereicht bekamen, sodann die Fernsehteams, die Radioreporter, die Zeitungsschreiber, schließlich die geladenen Gäste und die Hauptpersonen des aktuellen Films. Wenn man allerdings näher herantrat...

Innerhalb kurzer Zeit war die Nachricht vom Tod des Filmproduzenten Bernd Eichinger bekannt geworden. Gäste starrten fassungslos auf ihre Handys, erzählten das dort Gelesene weiter, standen sichtlich schockiert zusammen. Auch Regisseur Oskar Roehler hatte es erst wenige Minuten zuvor, auf dem Weg zum Kino, erfahren, Eichinger war Produzent seines Films „Elementarteilchen“. Auch für Jan Josef Liefers war es „eine niederschmetternde Nachricht“. Für die Premiere hätte Eichinger Til Schweiger sicher alles erdenklich Gute gewünscht.

Den Stars des Films fiel es sichtlich schwer, sich an einem solchen Abend feiern zu lassen. Eigentlich hätte man es absagen müssen, meinte Schweigers Filmpartnerin Jasmin Gerat. Schweiger selbst kämpfte während der Interviews mit Journalisten wiederholt mit den Tränen. Ihn verband eine lange Beziehung mit Eichinger, der 1994 die Komödie „Der bewegte Mann“, einen von Schweigers ersten Erfolgen als Schauspieler, produziert hatte. „Unheimlich traurig“ sei er, sagte Schweiger. „Geweint habe ich schon, aber heute wird gefeiert und morgen getrauert.“

Ein seltsamer Abend: Die Premiereroutine, die gegenseitigen Lobpreisungen, die Versicherungen, wie stolz man auf den Film sei, die munter-launigen Worte, die man bei solchen Gelegenheiten eben sagt – und auf der anderen Seite das Wissen, dass einer, der bei den Premieren in Berlin sonst Stammgast war, eine Zentralfigur des deutschen Kinos, nie wieder dabei sein würde. Der neben Schweiger zweiten Hauptperson des Films war diese ambivalente Stimmung erspart geblieben: Zum ersten Mal hatte Emma Schweiger, die achtjährige Tochter des Regisseurs, eine Hauptrolle gespielt, doch dem zu erwartenden Medientrubel auf dem roten Teppich wollte der fürsorgliche Vater sie nicht aussetzen. Ihre Rolle aber ist nicht zu unterschätzen, schließlich verdankt der Film ihrer Figur der kleinen Magdalena sogar seinen seltsamen Titel: Nur das Gericht Coq au vin gelingt dem Drehbuchautor Henry. Die ihm unerwartet zugeschwebte Magdalena, acht Jahre alt, Produkt eines längst vergessenen One- Night-Stands, findet daran freilich nur wenig Geschmack: Kokowääh? Igitt!

Wieder ist also Schweiger alias Henry sein eigener Hauptdarsteller, Regisseur, Produzent und Ko-Autor in Personalunion, und wieder greift er auf familiäre Hilfe zurück. Aber auch ohne Emma war auf dem Teppich genügend los: Unter anderem zeigte sich Meret Becker als Magdalenas Mutter Charlotte, dann eben Jasmin Gerat als Henrys Ex-Freundin und große Liebe Katharina, Samuel Finzi als Charlottes Mann und Magdalenas vermeintlicher Vater, dazu gesellten sich weitere Darsteller sowie die Mitglieder der Band Angels & Waves, die ihren Auftritt erst nach dem Film hatten, bei der Feier im Spindler & Klatt in der Köpenicker Straße.

Für Emma Schweiger war es keineswegs ihr Filmdebüt. Schon in „Keinohrhasen“, „Zweiohrküken“ und „Männerherzen“ war sie zu sehen, in „Kokowääh“ spielte sie aber die erste Hauptrolle – an 38 Drehtagen, wofür die Sommerferien nur knapp reichten. Lediglich drei Stunden täglich waren möglich, und damit der Drehplan eingehalten werden konnte, standen für das Einleuchten einer Szene oder auch Dialogszenen, in denen Emma nur von hinten zu sehen ist, insgesamt vier Doubles zur Verfügung. Und einen eigenen Wohnwagen mit Spielzeug und DVD-Player hatte sie auch, vom vertrauten Kindermädchen und der anwesenden Freundin ganz zu schweigen.

Doch ist „Kokowääh“ nicht nur ein Familien-, sondern ebenso ein Berlin- Film, wurde komplett in der Stadt und ihrer und Umgebung gedreht, etwa vor dem Flughafen Tempelhof, wo Henrys Auto abgeschleppt wird, im Club Felix hinterm Adlon, im Neuköllner Körnerpark, in der Friedrichstraße oder auch in der Villa Harteneck in der Grunewalder Douglasstraße, 1910/12 von einem Chemiefabrikanten erbaut, später bewohnt von Wilhelm Canaris, Chef des Nachrichtendienstes der Wehrmacht und 1944 hingerichtet. Jetzt residiert dort ein exklusiver Innenausstatter, dessen Sortiment man teilweise gleich mitnutzen konnte. Hier wurden die Innenszenen von Katharinas Domizil gedreht, für die Außenaufnahmen ging es nach Schloss Neuhardenberg – Henrys Traumfrau ist schließlich eine hoch erfolgreiche Autorin.

Er selbst war karger untergebracht: in der ehemaligen Tresorfabrik S. J. Arnheim in der Weddinger Badstraße, in der Henrys Wohnung samt Treppenhaus aufgebaut wurde und dazu noch eine Wohnung in New York. Eine fantasievolle Drehortwahl. Gut möglich, dass der Film auch ausländische Filmfirmen zum Dreh in Berlin verlockt. Nach „Keinohrhasen“ jedenfalls soll es so gewesen sein.

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