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Ei und oeuf. Das Magazin „Karambolage“ zeichnet gar zu gerne deutsche und französische Eigenheiten nach. Was meint der Deutsche nur, wenn er ein Ei abschreckt? Antwort am Sonntag, 3. Oktober, um 20 Uhr im Arte-Programm.

© Arte

TV-Jubiläum: Edler fernsehen

Wer nicht glotzen will, der schaltet Arte ein – und das seit 20 Jahren. Inzwischen wurde sogar die Prime Time an deutsche Verhältnisse angepasst.

In der Fernsehlandschaft gibt es nur einen Sender, dessen Ruf besser ist als das Programm: Arte. Dabei ist das Programm nicht schlecht, auch wenn längst nicht jeder Magazinbeitrag oder jede Moderation eines Journals oder gar jede der vielen Diskussionsrunden so schön und gepflegt ist, wie der Sender glauben machen will. Arte will „Fernsehen für Neugierige“ sein, ist oft aber vor allem Fernsehen für Sich-besser-Fühlende. Wer über die gängige TV-Formatierung die Nase rümpft, nennt gerne Arte als Alternative. Endlich ist da ein Fernsehen, das nicht verpönt ist. Arte ist eine Chiffre für soziale Distinktion – als würde man permanent bei Manufactum shoppen –, ein Kontrapunkt zum „Unterschichtenfernsehen“.

Wer immer mal wieder die Klassiker der „nouvelle vague“ anschauen will, Gerard Depardieu liebt oder Catherine Deneuve, wer Pedro-Almodovar-Filme mag oder schöne Zusammenfassungen der Musikgeschichte, gerne langen Debatten über Europa lauscht oder etwas jüngeren Magazinen wie „Tracks“, „Metropolis“ oder neuerdings „Yourope“, der hat gut daran getan, diesen Sender auf den achten Platz seiner Fernbedienung zu legen. Das schönste On-Air-Layout aller Sender hat Arte ohnehin und die Moderatorinnen wirken wie feine französische Damen oder deutsche höhere Töchter. Es gibt Zweiteiler über eine französische Eliteschule ebenso wie ein freundliches Ronald-Reagan- oder ein kritisches Robert- McNamara-Porträt. Der Sender bietet viele dokumentarische Formen an. Und Arte ist weltoffen. Hier erfährt man mehr über Asien und Afrika als in jedem anderen normal empfangbaren Sender.

Das „e“ in Arte heißt „Europa“, auch wenn es sich tatsächlich um eine deutsch-französische Zusammenarbeit handelt. Aber beide Nationen haben sich ja stets als Motor Europas verstanden. Wie kein anderer Sender wurde Arte durch einen politischen Willensakt ins Leben gerufen und „von oben“ gegründet. François Mitterrand und Helmut Kohl haben so entschieden. Weil es in Frankreich kein exaktes Pendant zum öffentlich-rechtlichen Prinzip gibt und in Deutschland die Medienhoheit bei den Ländern liegt, dauerte es noch etwas bis zum Gründungsakt am 2. Oktober 1990. Ab dem 30. Mai 1992 wurde dann gesendet. In Frankreich ist die Resonanz noch immer größer als in Deutschland, wo die Quoten kaum die Ein-Prozent-Marke übertreffen. 430 Mitarbeiter hat der Sender in Baden-Baden und Straßburg inzwischen und die komplexe Organisation hat sich einigermaßen eingespielt. Der ehemalige NDR-Intendant und Frankreich-Freund Jobst Plog hat daran großen Anteil; heute wird die deutsche Seite führend von Arte-Präsident Gottfried Langenstein (ZDF) vertreten. Natürlich gab es Terrainkämpfe zwischen Deutschen und Franzosen. Lange Zeit war das Programmschema an französischen Einschalt-Gewohnheiten orientiert, erst seit dem Januar dieses Jahres beginnt auch bei Arte die Prime-Time um 20 Uhr 15.

Es gibt eine europäische Währung, ein europäisches Parlament, aber selbstverständlich keine europäische Öffentlichkeit, auch wenn Arte diese für sich reklamiert. Für viele deutsche Sender und Produktionen hat Arte vor allem einen praktischen Mehrwert – als Zusatzschatulle zur Finanzierung besonderer Projekte. Selbst in den dritten ARD-Programmen gibt es kaum noch eine etwas aufwendigere Dokumentation, wenn diese nicht von Arte mitproduziert, sprich: mitfinanziert wird. Für außerordentliche Projekte wie die Serie „KDD“, Dominik Grafs „Im Angesicht des Verbrechens“ oder Heinrich Breloers „Die Manns – ein Jahrhundertroman“ gilt dies ohnehin. Was für die Fernsehkritik eine fatale Folge hat. Die Premiere, zu der Kritiken normalerweise erscheinen, findet jeweils vor kleinem Arte-Publikum statt und wenn dann Monate später das Massenpublikum erreicht wird, ist alles schon gesagt.

Es gibt eine Forschungsarbeit zu Arte, die fragt: „Vom Elitären zum Populären?“ Eher nicht. Auch wenn Arte sich bemüht, online mitzuhalten und monatlich 90 000 Exemplare der eigenen Zeitschrift vertreibt und eine Programmprägung erfunden hat, die Schule gemacht hat: den Themenabend. Inzwischen findet er dienstags und sonntags statt.

Die deutsche Einheit ist zwanzig Jahre alt, dennoch ist das Land medial noch immer nach West und Ost gespalten. Arte mag einen kleinen Anteil daran haben, dass es dennoch weltoffener wurde. Zumindest sendet Arte permanent Signale aus gegen deutsche Sonderwege. Dabei ist Arte immer eigensinnig geblieben. So wird aktuell die deutsche Einheit von einer Themenwoche zu Istanbul flankiert.

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