zum Hauptinhalt

Kattowitz: Noch immer werden Menschen vermisst

Die Einsatzkräfte sind überzeugt, dass keine Leichen mehr in den Trümmern der Halle liegen. Doch auch zwei Tage nach dem Unglück gelten 15 Messebesucher noch als vermisst. Die Zahl der Todesopfer wurde derweil nach unten korrigiert.

Warschau/Kattowitz - Trauer um die Opfer, Wut über mögliche Sicherheitsmängel: Nach der Katastrophe von Kattowitz hat am Montag in Polen die Suche nach der Ursache des Halleneinsturzes voll begonnen. Eine Kommission von Staatsanwälten, Polizei und Feuerwehr nahm ihre Arbeit an der Unglücksstelle auf. Es gab widersprüchliche Angaben über die Menge des Schnees auf dem Dach des zerstörten Gebäudes. Die Schneelast könnte zum Zusammenbruch der Halle geführt haben. Das Justizministerium korrigierte die Zahl der Toten der Tragödie von Samstag unterdessen auf 62, zunächst war von 67 die Rede gewesen. Einige der Opfer seien möglicherweise doppelt gezählt worden.

Verzweifelte Angehörige verlangten zwei Tage nach dem Unglück Zutritt zu dem abgesperrten Gelände, um zwischen den Trümmern nach Freunden und Verwandten zu suchen.

Ersten Ermittlungen zufolge hatte nach Angaben des zuständigen Ministers auf dem Dach der größten Halle des Messegeländes mehr Schnee gelegen, als die Sicherheitsnormen zulassen. Die Betreiberfirma bestreitet dies. Erste Fernsehbilder nach den Bergungsarbeiten zeigten, dass die nur sechs Jahre alte Leichtmetallhalle wie ein Kartenhaus zusammengebrochen sein muss. Über den Einsatz von schwerem Räumgerät soll erst nach Abschluss der Ermittlungen entschieden werden.

Am Montag starb ein 30-jähriger Mann an den Folgen seiner schweren Verletzungen. Die genaue Anzahl der Opfer ist noch offen. Noch immer werden 15 Messebesucher vermisst, unter ihnen ein Ungar. Bislang wurden 62 Tote von der Staatsanwaltschaft bestätigt, unter ihnen zwei Deutsche. Mehr als 140 Menschen wurden zum Teil schwer verletzt.

Die Polizei will prüfen, was aus den Besitzern von etwa 20 Fahrzeugen wurde, die seit dem Unglück vom Samstag auf dem Messegelände geparkt stehen. Möglicherweise wurden die Autos bei der panischen Flucht aus dem Gebäude zurückgelassen, oder die Fahrer werden in einem der Krankenhäuser behandelt. Es könnte aber auch sein, dass es doch noch bisher unentdeckte Tote unter den Trümmern gibt. Einsatzleiter Janusz Sulich kündigte an, Leichenspürhunde sollten noch einmal die Trümmer der im Jahr 2000 errichteten Halle durchsuchen.

Unterdessen erhärteten Berichte der Feuerwehr die Vorwürfe von Überlebenden, die Notausgänge seien versperrt gewesen. Die Retter hätten eingeschlagene Glasscheiben an den Türen vorgefunden, sagte Sulich. Justizminister Zbigniew Ziobro sprach am Montag in Kattowitz von einer schweren Missachtung grundlegender Sicherheits- und Notfallregeln. «Die Tür war nicht zu öffnen, so dass wir die Glasscheiben eintreten mussten», sagte auch Theodor Backs, Geschäftsführer des gleichnamigen Taubenfutter- Produzenten aus Rehburg-Loccum in Niedersachsen, am Montag der dpa.

Während einige Teile fast unzerstört waren, war vor allem die Hallenmitte völlig zertrümmert. Zerstörte Messestände, geborstene Stahlpfeiler und zerstörte Reste des Daches ließen wenig Zweifel daran, dass niemand unter der Wucht des zusammenbrechenden Daches überlebt haben konnte.

Transportminister Jerzy Polaczek, der auch für das Bauwesen zuständig ist, hatte am Sonntagabend gesagt, auf dem Dach der größten Halle des Kattowitzer Messegeländes habe ersten Ermittlungen zufolge mehr Schnee gelegen als zulässig. Die Betreiberfirma streitet das ab.

Das Dach der Halle war am Samstag während einer Brieftaubenmesse eingestürzt und hatte hunderte Menschen verschüttet. Mehr als tausend Rettungskräfte versuchten, die Verschütteten in Sicherheit zu bringen. Einsatzleiter Janusz Skulich von der oberschlesischen Feuerwehr sagte am Montag im polnischen Rundfunk, er habe eine dicke Schneeschicht auf dem unbeschädigten Teil des Daches gesehen. An den Notausgängen seien die Glasscheiben eingeschlagen worden. Augenzeugen bestätigten, dass die Fluchtwege versperrt waren. Ministerpräsident Kazimierz Marcinkiewicz kündigte an, seine Regierung wolle die Strafen für die Verletzung von Sicherheitsvorschriften im Bauwesen verschärfen. (tso/dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false