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Am Tag der Auslieferungsanhörung des WikiLeaks-Gründers Julian Assange in London versammelten sich zahlreiche Unterstützer vor dem High Court.

© AFP/Henry Nicholls

Update

Erfolg für Wikileaks-Gründer vor Gericht: Julian Assange darf gegen Auslieferung an die USA in Berufung gehen

Dem Whistleblower drohen bis zu 175 Jahre Haft. Die britische Justiz befindet nun, dass er sich in dem jahrelangen Prozess auf das Recht auf Meinungsfreiheit berufen kann.

Wikileaks-Gründer Julian Assange darf Berufung gegen seine drohende Auslieferung an die USA einlegen. Das entschied der Londoner High Court am Montag. 

Der Wikileaks-Gründer, der seit Jahren in einem Hochsicherheitsgefängnis in der britischen Hauptstadt festgehalten wird, nahm nicht selbst an der knapp zweistündigen Anhörung teil. Seine Ehefrau Stella Assange und sein Vater John Shipton waren hingegen im Gerichtssaal dabei, wie ein Reporter der Deutschen Presse-Agentur beobachtete. 

Vor dem Termin demonstrierten Assanges Anhänger gegen eine mögliche Auslieferung des 52-Jährigen an die USA. Auf Plakaten forderten sie vor dem High Court seine Freilassung. Nun dürfte das jahrelange juristische Tauziehen zunächst weitergehen.

Die US-Regierung will dem gebürtigen Australier wegen Spionagevorwürfen den Prozess machen. Ihm drohen nach Angaben seiner Unterstützer bis zu 175 Jahre Haft.

Washington wirft ihm vor, gemeinsam mit der Whistleblowerin Chelsea Manning geheimes Material von US-Militäreinsätzen im Irak und in Afghanistan gestohlen, veröffentlicht und damit das Leben von US-Informanten in Gefahr gebracht zu haben.

Assanges Unterstützer hingegen sehen in der Strafverfolgung eine Vergeltungsaktion Washingtons, weil durch die Veröffentlichungen mutmaßliche Kriegsverbrechen aufgedeckt wurden.

Recht auf Meinungsfreiheit?

Inhaltlich geht es am Montag darum, ob sich Assange in den USA als ausländischer Staatsbürger auf das Recht der Meinungsfreiheit berufen kann und ob ihm die Todesstrafe droht.

Die Londoner Richter hatten die Entscheidung über den Berufungsantrag bei einer zweitägigen Anhörung Ende März zunächst vertagt und Zusicherungen aus den USA angefordert.

Nun geht es darum, ob das Gericht diese als ausreichend bewertet oder ob es zu einer Berufungsverhandlung kommt. Lehnt der High Court Assanges Antrag ab, wäre der Rechtsweg in Großbritannien ausgeschöpft.

Assange will in diesem Fall den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg anrufen. Doch ob dieser eine einstweilige Verfügung erlassen würde, um die Auslieferung zu stoppen, und ob Großbritannien diese beachten würde, gilt als ungewiss.

Ehefrau in Sorge um Assanges Leben

Nach der Entscheidung des High Court in London zugunsten von Julian Assange hat seine Ehefrau Stella die USA aufgefordert, die Anklage gegen den Wikileaks-Gründer fallenzulassen. „Die Vereinigten Staaten sollten die Situation erkennen und diesen Fall jetzt einstellen. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, es zu tun“, sagte Stella Assange am Montag vor Journalisten in der britischen Hauptstadt.

„Hören Sie einfach auf mit diesem beschämenden Angriff auf Journalisten, die Presse und die Öffentlichkeit, der seit 14 Jahren andauert. Dieser Fall ist beschämend und fordert von Julian einen enormen Tribut“, sagte Stella Assange. „Er steht unter enormem Druck.“

Assanges Frau Stella fürchtet im Fall einer Auslieferung wegen der erwarteten harten Haftbedingungen in den USA und der labilen Psyche ihres Mannes um sein Leben. Suizid-Gefahr war auch der Grund, warum eine Richterin in erster Instanz die Auslieferung zunächst abgelehnt hatte.

Doch die Entscheidung wurde später gekippt. Die britische Regierung stimmte seiner Auslieferung zu. Stella Assange zufolge wäre es denkbar, dass das Gericht an diesem Montag auch direkt inhaltlich über den Berufungsantrag entscheidet.

Stella hatte auch die Befürchtung geäußert, er könne bei einer Ablehnung seines Berufungsantrags unverzüglich in ein Flugzeug Richtung USA gesetzt werden. Dann werde er sich womöglich das Leben nehmen, warnte sie.

Hoffen auf politische Lösung

Neben einem möglichen Berufungsverfahren dürften Assanges Unterstützer ihre Hoffnungen vor allem auf eine politische Lösung setzen. Die australische Regierung setzt sich inzwischen für eine Freilassung ihres Staatsbürgers ein.

Erst kürzlich verabschiedete das australische Parlament einen Beschluss, in dem die USA und Großbritannien aufgerufen wurden, die Strafverfolgung Assanges zu beenden. Regierungschef Anthony Albanese betonte, die Angelegenheit ziehe sich schon zu lange hin.

Etwas Hoffnung bei Assange-Anhängern weckte US-Präsident Joe Biden kürzlich. Der hatte auf die Frage, ob die australische Forderung nach einem Ende der Strafverfolgung geprüft werde, gesagt: „Wir erwägen das.“ Albanese nannte die Äußerung „ermutigend“.

Assange sitzt seit beinahe fünf Jahren im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh in London. Vor seiner Festnahme im April 2019 hatte er sich mehrere Jahre in der ecuadorianischen Botschaft in London dem Zugriff der Strafverfolgungsbehörden entzogen.

Diese hatten ihn zunächst wegen Vergewaltigungsvorwürfen in Schweden ins Visier genommen. Diese Anschuldigungen wurden später jedoch aus Mangel an Beweisen fallen gelassen. Er sitzt inzwischen ohne eine Verurteilung im Gefängnis. Zahlreiche Menschenrechtsorganisationen, Journalistenverbände, Künstler und Politiker fordern Assanges sofortige Freilassung. (dpa)

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