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Kultur: Biedermann und die bösen Verwandten Im Kino: „Invasion“

mit Burghart Klaußner.

„Man reiche das wenige, was man der Gastfreundschaft opfern kann, in gehörigem Maße, mit guter Art, mit treuem Herzen und mit freundlichem Gesichte dar“, empfahl einst der Freiherr von Knigge. An dem einsamen, erstaunlich großherzigen Villenbesitzer Josef (Burghart Klaußner) hätte der Baron seine Freude gehabt. Josef hat einst Sohn Paul bei einem Unfall verloren, worauf sich seine Frau das Leben nahm. Vor Trauer gelähmt, hat er das Kinderzimmer im Originalzustand erhalten und fast alle Möbel mit Leintüchern verhängt. Doch bald füllt sich das Haus auf wundersame Weise.

Von Anfang an setzt der Psychothriller „Invasion“ des georgischen, heute in Berlin lebenden Regisseurs Dito Tsintsadze auf das spannend Unwahrscheinliche. Chamäleongleich verwandelt sich Josef vom stillen Mann voller Schuldgefühle zu einem Liebenden, der keine Grenzen mehr kennt. Als er wie jeden Tag auf dem Friedhof Zwiesprache mit seinen Lieben hält, stellt sich ihm eine zierliche Rothaarige überraschend als Cousine seiner Frau vor. Nina (Heike Trinker) mag zwar etwas überspannt wirken, aber herzlich scheint sie auch zu sein.

Von nun an bestimmt die Signalfarbe Rot den von Ralf M. Mendle fotografierten Film. Bald nimmt Josef Ninas wie erstarrt wirkenden Sohn Simon (David Imper) und dessen schweigsame Frau, die rumänische Schönheit Milena (verkörpert von der österreichischen Pop-Sängerin Anna F.) bei sich auf. Milena verdreht Josef den Kopf, ihren Sohn Marco (Jasper Barwasser) hat er ohnehin gleich ins Herz geschlossen.

Zugleich häufen sich Merkwürdigkeiten, die Josef mit stummem Erstaunen registriert – auch dass Ninas nachgereister Freund Konstantin (Merab Ninidze) nun plötzlich sein Büro nutzt, um dort Mandanten zu empfangen – „kriminelle Ausländer“, wie er erklärt. Raffiniert spielt Tsintsadze mit Osteuropa-Klischees, gibt dem Thriller immer mehr Tempo. Wann endlich wehrt sich Josef, wann enttarnt Biedermann die Brandstifter unter seinem Dach? Die eigentliche Hauptrolle des Films spielt der Schauplatz, die Villa Bergfried eines Saalfelder Schokoladenfabrikanten. 1924 fertiggestellt, verfügte sie damals schon über ein Schwimmbad, in dessen türkisgrünen Tiefen sich nun im Film Eros und Tod begegnen. Da ist das Zuschauerhirn längst von angenehmem Grusel invadiert. Katrin Hillgruber

Central, Kulturbrauerei, Moviemento

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