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Kultur: Jetzt sparen auch noch die Sponsoren

Die Deutsche Bank baut ihre Stiftungen um und trennt sich von ihrem Vordenker Walter Homolka

„Deutsche Bank rutscht in die roten Zahlen.“ – „200 Millionen Euro Verlust im ersten Quartal.“ Die Schlagzeilen, die die größte private Bank Europas in den vergangenen Monaten macht, klingen gar nicht gut. Konzernchef Josef Ackermann hält tapfer dagegen: Im „Kerngeschäft“ mit Investmentbanking, Krediten und der Betreuung von vermögenden Privatkunden habe das Jahr 2003 für die Deutsche Bank gut begonnen. Randbereiche wie das Versicherungsgeschäft und Unternehmensbeteiligungen werden abgebaut.

Dass von der „Konzentration auf das Kerngeschäft“ auch die kulturellen Aktivitäten der Deutschen Bank betroffen sind, hat bislang keine Schlagzeilen gemacht. Aber hinter den Kulissen rumort es: Der bisherige Kulturchef der Deutschen Bank, Walter Homolka, ist gegangen. Und Kenner des deutschen Stiftungswesens befürchten, dass bei der Deutschen Bank nun „die Philanthropie den PR untergeordnet“ wird.

Sichtbarstes Symbol der Kulturrevolution ist Homolkas Abschied. Der Kulturmanager, der stellvertretender Vorsitzender der Kulturstiftung und Sprecher der Geschäftsführung der Alfred-Herrhausen-Gesellschaft war, legte seine Mandate bei der Kultur-Stiftung und auch die Geschäftsführung der Akademie Musiktheater Heute zum 30. Juni nieder. Schon im März beendete er seine Arbeit bei der Herrhausen-Stiftung.

Seit einigen Monaten verändere die Deutsche Bank Inhalte und Strukturen ihrer kulturellen Aktivitäten, begründet Homolka sein Ausscheiden in einer knappen schriftlichen Mitteilung. Er übe ab sofort sein Amt als Direktor des Potsdamer Abraham Geiger Kollegs für die Ausbildung von Rabbinerinnen und Rabbinern hauptberuflich aus.

Homolka ist selber Rabbiner, er betreut ehrenamtlich die liberale Gemeinde in Wien. Bevor er zur Deutschen Bank ging, war Homolka Geschäftsführer von Greenpeace Deutschland. Dort wurde er wegen angeblichen unökologischen Verhaltens entlassen. Der „Öko-Rabbi“ ist eine gleichermaßen schillernde und umstrittene Persönlichkeit auf dem Parkett des Kulturmanagements.

Von Seiten der Bank gibt es keinen Kommentar zu Homolkas Abschied aus allen Funktionen. Aus Stifter-Kreisen ist indes zu hören, dass Walter Homolka sich dem ökonomischen Druck der Banker nicht beugen wollte, woraufhin die von ihm geleitetete Abteilung „Kultur und Gesellschaft“ kurzerhand geschlossen wurde.

Auch über die Personalie Homolka hinaus hat es personelle Verschiebungen gegeben. Kulturelles und gesellschaftliches Engagement sind bei der Deutschen Bank nicht mehr Chefsache. War früher der Vorstandssprecher der Deutschen Bank hauptverantwortlich für das Kultursponsoring, ist es jetzt der Personalchef.

Offiziell hat die Deutsche Bank ihr kulturelles und soziales Mäzenatentum lediglich „neu strukturiert“, wie Unternehmenssprecher Detlev Rahmsdorf sagt. Alle Stiftungen und die kulturellen und gesellschaftlich-sozialen Initiativen der Deutschen Bank sind seit Jahresbeginn im Unternehmensbereich „Corporate Cultural Affairs“ zusammengefasst. Damit werde das Engagement der Deutschen Bank als „Corporate Citizen“, also als Unternehmensbürger, für die Aktionäre transparenter, erklärt Rahmsdorf. Außerdem verteile man Fördergelder nun nicht mehr „mit der Gießkanne“, sondern konzentriere sich auf größere Projekte, wie die jährliche 5-Millionen-Spende an die Berliner Philharmoniker.

Um Einsparungen gehe es der Bank aber nicht, betont Rahmsdorf. Das Stiftungskapital der Deutschen Bank Kulturstiftung von 50 Millionen Euro sei ohnehin eine feste Größe, und die jährlichen Zuweisungen an die AlfredHerrhausen-Gesellschaft, ein gesellschaftspolitisches Diskussionsforum, sollten ebenfalls nicht sinken. Gesunken ist allerdings der Kapitalertrag der Kulturstiftung – von jährlich bis zu 3,7 Millionen auf 2,3 Millionen Euro im vergangenen Jahr.

Von solchen Ertragsverlusten auf Grund des Rückgangs der Renditen seien momentan alle Stiftungen betroffen, sagt der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, Olaf Zimmermann. Es sei zu hoffen, dass die Deutsche Bank trotz der Umstrukturierungen weiterhin ihre Vorbildfunktion als Mäzenatin auch regionaler Kulturprojekte wahrnehme. Genau dies scheint aber nicht mehr der Fall zu sein: So soll die Kulturstiftung die mündlich zugesagte Förderung einer Ausstellung des Museums Speyer zur Geschichte der Juden im Mittelalter kurzfristig zurückgezogen haben.

Den möglichen Hintergrund für die Neustrukturierung des gesellschaftlichen Engagements der Deutschen Bank erklärt Rupert Graf Strachwitz, Direktor des Maecenata-Instituts (München, Berlin), so: Wenn die Gewinne und damit die Rendite der Aktionäre sinken, wird genauer hingesehen, was die Bank mit ihren Erträgen macht. Die Aktionäre pochen auf den „Shareholder Value“.

Schlechte Zeiten für reine Philanthropie, höchste Zeit für PR-wirksame Großprojekte? Wolfgang Nowak, Homolkas Nachfolger als Geschäftsführer der Herrhausen-Gesellschaft gibt zu: Die Zeiten für Kulturförderung durch Unternehmen seien schwieriger geworden. „Eher zukunftsgerichtete“ Ansätze seien den Aktionären zweifellos „leichter zu vermitteln“. Nowak, zuvor Leiter der Grundsatzabteilung im Bundeskanzleramt, will die Herrhausen-Stiftung denn auch zu einem „Think Tank“ der Deutschen Bank ausbauen und Projekte unterstützen, die sich mit der Zukunftsforschung beschäftigen. Zeitlos schöne Jahresthemen wie das diesjährige, „Europa leidenschaftlich gesucht“, könnten der Vergangenheit angehören.

Ob sich an der Finanzierung der Herrhausen-Stiftung – jährliche Spenden der Deutschen Bank von rund 1,5 Millionen Euro – etwas ändert, steht wohl noch nicht fest. Auf besorgte Anfragen bisheriger Kooperationspartner antwortet Wolfgang Nowak: „Aus neuen Themen ergeben sich neue Partner.“

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