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Kultur: Stil- und Niveauwechsel in der Berliner Kulturpolitik (Kommentar)

Nächste Woche nun wird sich Berlins neue Kultursenatorin zum ersten Mal mit dem Kulturstaatsminister treffen. Michael Naumann war schon pikiert, denn wochenlang schien es so, als weiche Christa Thoben diesem für die Zukunft der hauptstädtischen Kulturpolitik so dringenlichen Gespräch ohne Erklärung aus.

Nächste Woche nun wird sich Berlins neue Kultursenatorin zum ersten Mal mit dem Kulturstaatsminister treffen. Michael Naumann war schon pikiert, denn wochenlang schien es so, als weiche Christa Thoben diesem für die Zukunft der hauptstädtischen Kulturpolitik so dringenlichen Gespräch ohne Erklärung aus. Auch für die Presse war die in den Berliner Koalitionsverhandlungen erst spät und für manche überraschend nominierte Senatorin zunächst nicht ernstlich zu sprechen. Jetzt wissen wir warum.

Christa Thoben hatte am Mittwochabend vor geladenen Journalisten ihren ersten Auftritt - und sie hat beeindruckt. Es war, bei Schinken und Käse in einer kleinen Weinstube in Prenzlauer Berg, ein Einstand der besonderen Art: halb Pressekonferenz, halb Hintergrundgespräch, vertrauensvoll ohne falsche (oder gar feige) Vertraulichkeit. Thoben machte schon in ihrer gut vierzigminütigen Überblicks-Einleitung in freier, konzis-lebhafter Rede klar, dass sie die vergangenen Wochen genutzt hatte, sich in die Problemfülle der Berliner Kultur- und Wissenschaftsszene einzuarbeiten; dass sie - anders als ihr aktionsfreudiger, aber meist aktenunkundiger Vorgänger Peter Radunski - viele Papiere präzise studiert und in der Kulturszene, in Hochschulen, unter Verwaltungsfachleuten zahlreiche Informationsgespräche geführt hat. Christa Thoben wirkt als Newcomerin aus Nordrhein-Westfalen nach ihrem Crash-Kurs gut orientiert: also präpariert auch für die Gespräche mit Michael Naumann, dem sie, wie der Presse, offenkundig mit frisch erworbener Kompetenz gegenübertreten wollte.

Christa Thoben ist eine kultivierte Technokratin. Selbstbewusst und zugleich maßvoll. Dabei völlig unprovinziell - schon im ersten Eindruck ein Gewinn für die Berliner Politik. Sie betont, dass Kultur und Wissenschaften als Magneten der Hauptstadt inzwischen auch eine "nationale Angelegenheit" geworden seien, dass die kulturelle Attraktion Berlins wesentlich zur Darstellung Deutschlands in Europa und Übersee beitrage. Deshalb falle bei ihr "kein Zacken aus der Krone des Föderalismus", wenn der Bund (und mit ihm Michael Naumann) bald mehr und gar neue Kompetenzen bei Berliner Kultureinrichtungen übernehme. Mehr Verantwortung für den Bund - neben dem Jüdischen Museum gilt dies womöglich auch für die Staatsoper oder das Deutsche Theater: das müsse aber zugleich ökonomische Entlastung bedeuten.

Manches andere, was sich Thoben von Strukturverschlankungen bei gleichzeitiger Mehrleistung in Opernhäuser oder Orchestern verspricht, klingt noch wie die Quadratur von Radunskis berühmten "Kreisen". Aber die Richtung ist interessant, der Stil- und Niveauwechsel offenkundig.

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