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Meinung: Forscher voran

Die deutsche Forschungslandschaft kann mehr Unterstützung gebrauchen

Natürlich wissen die Neunmalklugen schon, dass die Innovationsrunde beim Bundeskanzler am Donnerstagabend eine Showveranstaltung war. Der Kanzler, der das Spiel kennt, ist denn auch gleich nach ihrem Ende vor die Kamera geeilt, damit am frühen Morgen das Echo der Veranstaltung den richtigen, nämlich auf Erfolg gerichteten Drive bekommt. So sind nun einmal in der Politik die Bräuche. Das ändert nichts daran, dass die Runde von Industriegrößen, Forschungsgewaltigen und Politikern ein wichtiges, zu begrüßendes Datum war. Denn es kann ja keinen Zweifel daran geben, dass das Thema, die Förderung der Innovationsfähigkeit von Wissenschaft und Wirtschaft in Deutschland, alle Unterstützung verdient. Und deshalb müssen auch alle Interesse daran haben, dass die Initiative für Innovation, die der Bundeskanzler für dieses Jahr aufs Panier seiner Politik geschrieben hat, nicht folgenlos verpufft.

Da kann die beabsichtigte Initiative „Partner für Innovation“ oder auch ein Innovationsbüro – was immer sich hinter diesen Etiketten verbirgt – nicht schaden, desgleichen die in Aussicht genommene Fortsetzung der Großkopfeten-Runde, erst recht nicht die beherzigenswerten Worte, mit denen der Kanzler den Ertrag des Gesprächs resümiert hat. Dass künftig nicht mehr erst die Risiken und dann die Chancen debattiert werden sollten, sondern, umgekehrt, zuerst die Chancen neuer Forschungen, hätte man von ihm gerne schon früher gehört – bei den Debatten um Gen- und Biotechnik zum Beispiel.

Ohnedies wird Schröder Mühe haben, jene Zweifel an seiner Initiative zu verscheuchen, die er selbst mit ihrer Ausrufung heraufbeschworen hat. Das große Jahresthema hatte seinen öffentlichkeitswirksamen Auftritt gerade einmal drei Tage vor Weihnachten, mit einem Kanzler-Interview ausgerechnet in „Bild am Sonntag“, um dann in einer knappen Woche zu säkularer Bedeutung hochgepeitscht zu werden. Kaum hatte sich die Öffentlichkeit von der Verblüffung über dieses heftige agenda setting erholt, wurde vielen klar, dass das Thema nicht so sehr neu als vielmehr in den vergangenen Jahren trotz vielfacher Anläufe versäumt worden war. Selbst einen „Innovationsbeirat“ hatte die Regierung. Er hatte nur seit mehr als einem Jahr nicht getagt.

Muss man da dazu neigen, partout Böses zu denken, wenn man in Schröders Innovations-Initiative auch einen Fall von Öffentlichkeitsarbeit sieht, der der in der Publikumsgunst abgesackten SPD wieder auf die Beine helfen soll? Und in der Donnerstag-Runde eines der bekannten Schröder’schen Stoßtruppunternehmen vermutet – allemal Hals über Kopf und an den vorhandenen Gremien vorbei? Es liegt am Kanzler und seiner Partei, diesen Eindruck zu entkräften. Genügend hilfreiche Hinweise hat er inzwischen zu hören bekommen. Dass er und die SPD den Gedanken schnellstmöglich verabschieden sollten, die fehlenden Eliten seien durch die Schaffung von ein, zwei, drei Elite-Universitäten zu bekommen. Dass die SPD sich überhaupt davor hüten muss, beim Reformieren den alten technokratischen und bürokratischen Neigungen zu verfallen. Dass es in erster Linie darauf ankommt, die vorhandenen Stärken der deutschen Wissenschafts- und Forschungslandschaft – die es wahrhaftig gibt – zu stärken und ihre Schwächen zu bekämpfen.

Was zum Beispiel hieße, das erstaunliche Netz der biotechnischen universitären und kommerziellen Forschungseinrichtungen, das sich im letzten Jahrzehnt in und um Berlin herum entwickelt hat, zu fördern. Oder die Forschungsinstitute in Heidelberg und München mit ihrem weltweiten Ruf. Nicht zuletzt käme es darauf an, kurzsichtigen Sparmaßnahmen zu wehren und damit den von ihnen verursachten Flurschäden.

Für das, was Schröder der Republik zur Aufgabe gestellt hat, braucht er vor allem ein klares Bewusstsein von dem, was nötig ist, Verlässlichkeit und Vertrauen. Der Kanzler kann es den Bürgern nicht verargen, dass das nicht gerade die Tugenden sind, die seiner Regierung zugetraut werden.

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