zum Hauptinhalt
Der SPD-Chef Lars Klingbeil.

© dpa/Michael Kappeler

Aktuelle Stunde im Bundestag: Abgeordnete debattieren über Angriffe auf Politiker

Auf Antrag der drei Ampel-Fraktionen diskutierte das Parlament über die zunehmende Gewalt gegen Politiker. Umstritten war die Frage nach schärferen Strafen.

Der Bundestag hat nach den jüngsten Angriffen auf Politikerinnen und Politiker sowie Gewalt gegen Ehrenamtler über Ursachen und Konsequenzen debattiert. „Niemand, der sich in diesem Land ehrenamtlich für die Demokratie engagiert, darf Angst haben“, sagte SPD-Chef Lars Klingbeil am Donnerstag. Verschärfungen des Strafrechts müssten geprüft und das bestehende Recht konsequent angewandt werden. Gegen schärfere Strafen sprachen sich indes die Union und die AfD aus.

Auf Antrag der drei Ampel-Fraktionen diskutierte das Parlament in einer Aktuellen Stunde über „Bedrohung unserer Demokratie - Gewalt gegen Ehrenamt, Politik und Einsatzkräfte“. Er hätte gerne auf die Debatte zu diesem Thema im Plenum verzichtet, sagte Klingbeil. Der Angriff auf den SPD-Europapolitiker Matthias Ecke sei jedoch kein Einzelfall, sondern „trauriger Höhepunkt“ einer Entwicklung, die sich über viele Jahre angezeigt habe.

„Wir müssen heute feststellen: es wird gejagt“, betonte Klingbeil. Er bezog sich damit auf die Worte des AfD-Ehrenvorsitzenden Alexander Gauland. Diese hatte 2017 in Richtung der damaligen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) gesagt: „Wir werden Sie jagen.“

Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) erinnerte ebenfalls an die Worte Gaulands und gab damit der AfD eine Mitschuld für die vermehrten Angriffe. „,Wir werden Sie jagen’ - für mich ist das verbale Gewalt und die hat Folgen“, sagte sie im Plenum. Die jüngsten Angriffe seien der Beweis, wie aus düsteren Androhungen Straftaten werden. Paus betonte: „Vor der Tat steht das Wort.“

Niemand, der sich in diesem Land ehrenamtlich für die Demokratie engagiert, darf Angst haben.

SPD-Chef Lars Klingbeil

Die Ministerin rief die Politikerinnen und Politiker dazu auf, Anstand und Fairness zu beherzigen; auch müssten Ehrenamtliche, „der Schatz der Demokratie“, besonders geschützt werden. Paus bat die demokratischen Parteien außerdem erneut um Unterstützung für das Demokratiefördergesetz - denn es brauche neben der Ächtung von Gewalt auch die Prävention.

Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) gibt der AfD eine Mitschuld für die vermehrten Angriffe.

© dpa/Michael Kappeler

Das Gesetz soll es dem Bund erlauben, zivilgesellschaftliche Initiativen für politische Bildung, Vielfalt und zur Prävention gegen Extremismus dauerhaft zu fördern. Das Vorhaben wurde bereits in erster Lesung vom Bundestag debattiert, seitdem stockt der Prozess jedoch. Grund dafür sind Vorbehalte von Seiten der FDP.

Der CDU-Innenpolitiker Alexander Throm verurteilte die Attacken gegen Politiker und Ehrenamtliche ebenfalls. „Wir streiten mit Worten und nicht mit Fäusten“, betonte er. Eine Mitschuld an der gestiegenen Gewalt gab er allerdings der Ampel-Koalition. Die Regierungen seien dafür verantwortlich, die Bevölkerung mitzunehmen. Die gesellschaftliche Spaltung sei „heute so tief wie nie in unserer Geschichte“.

„Wir streiten mit Worten und nicht mit Fäusten“, sagte der CDU-Innenpolitiker Alexander Throm.

© dpa/Julian Weber

Throm sprach sich aber gegen schärfere Gesetze aus: Es brauche keinen besonderen Schutz für Politiker, betonte er. Statt neue Gesetze zu erlassen, müsse die Gewalt gesenkt werden.

„Wir brauchen keine gesonderten Gesetze für Politiker“, sagte auch AfD-Chef Tino Chrupalla. Viele würden es sich einfach machen und „die Extremismus-Karte“ ziehen, sagte er zur Diskussion über die Ursachen der Angriffe. Die meisten Delikte würden jedoch gegen seine Partei verübt werden.

Die „volle Konsequenz“ des Rechtsstaats forderte der FDP-Innenpolitiker Manuel Höferlin. Dies allein werde jedoch nicht reichen. Tonfall und Stil der politischen Auseinandersetzung müssten wieder gemäßigt werden. Höferlin betonte: „Wir müssen der Enthemmung der Sprache entgegentreten.“ Es seien inhaltliche und nicht persönliche Auseinandersetzungen nötig.

Der sächsische SPD-Spitzenkandidat für die Europawahl, Matthias Ecke, war vor gut zwei Wochen in Dresden niedergeschlagen und schwer verletzt worden. Zuvor soll die verantwortliche Gruppe einen 28-Jährigen angegriffen haben, der für die Grünen Wahlplakate anbrachte. Der Angriff auf Ecke sorgte für Empörung, löste aber zugleich eine Welle der Solidarität aus. Seither läuft auch eine Debatte über mögliche Schutz- und Gegenmaßnahmen. (AFP)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false