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Universal Soldier? Laut Pentagon fühlten sich viele Soldatinnen durch das Verbot aus dem Jahr 1994 in ihrer Karriere behindert. Foto: dpa

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Politik: An vorderster Front

Frauen sollen künftig in US-Kampftruppen dienen dürfen. Die Generäle sprechen von Chancengleichheit.

In einer bahnbrechenden Wende möchte die US-Regierung Frauen den Dienst in Kampfeinheiten der Streitkräfte erlauben. Das kündigte Verteidigungsminister Leon Panetta an, der demnächst aus dem Amt scheidet und, wie die „New York Times“ schreibt, zuvor noch eine historische Neuerung mit seinem Namen verbinden will. Der Wunsch war von vielen Soldatinnen an das Pentagon herangetragen worden, die sich durch das Verbot in ihrer Karriere benachteiligt sehen. Bisher hatte eine Vorgabe von 1994 verhindert, dass Frauen bei Artillerie, Infanterie, in Panzereinheiten, U-Booten und anderen Kampfverbänden dienen.

Militärexperten sagen, die Trennung wirke angesichts der Entwicklung der Waffentechnik künstlich. Im Irak und in Afghanistan waren mehr als 20 000 Soldatinnen im Kriegseinsatz. Viele von ihnen gerieten dabei in Kampfsituationen. Eine Hubschrauberpilotin, Tammy Duckworth, hatte im Irak beide Beine verloren. Sie ist heute Kongressabgeordnete der Demokraten. Insgesamt fielen 130 Soldatinnen in Afghanistan und im Irak, mehr als 800 wurden verwundet. Die Zahl ihrer toten männlichen Kameraden beträgt rund 6500.

Die Ankündigung folgte zwei Tage nach der Inaugurationsrede von Präsident Barack Obama, in der er das Versprechen der Chancengleichheit für alle Bürger zu einem zentralen Thema gemacht hatte. Gerade auch für Frauen aus Einwandererfamilien und ethnischen Minderheiten sind die Streitkräfte ein erprobtes Mittel zum gesellschaftlichen Aufstieg. Neben der militärischen Karriere bieten sie unter anderem die Chance zum kostenlosen Studium. Mit der Entwicklung setzt Obama die vorsichtige gesellschaftspolitische Modernisierung der Streitkräfte fort. In seiner ersten Amtszeit hatte er den Umgang mit Homosexuellen im Militär geändert. Unter seinem Vorvorgänger Bill Clinton war ein Kompromiss unter dem Namen „Don’t ask, don’t tell“ gefunden worden: Homosexuelle durften dienen, solange sie ihre sexuelle Orientierung verschwiegen. Seit 2011 dürfen sich Soldaten zu ihrer Sexualität bekennen.

Beide Neuerungen wurden zunächst ausführlich in der Führung der Streitkräfte diskutiert. Nicht nur in konservativen Kreisen hatte es teils grundsätzliche, teils praktische Bedenken gegen die Änderungen gegeben. Der Generalstab gab schließlich eine Empfehlung für diese Änderung ab. Generalstabschef Martin Dempsey informierte Panetta am 9. Januar in einem Brief, seine Kollegen meinten einstimmig, „dass die Zeit gekommen ist, die Regel zu beenden, dass Frauen von Kampfaufträgen auszuschließen sind“. Als zentrale Begründung nennen die Generäle „equal opportunity“: Chancengleichheit. Experten prognostizieren, es werde Jahre dauern, die Integration der Soldatinnen in Kampfeinheiten auch in der Praxis voll umzusetzen. Laut Pentagon haben die Waffengattungen drei Jahre Zeit für die endgültigen Beschlüsse, wie sie Soldatinnen voll integrieren.

Parallel gibt es immer wieder Berichte über sexuelle Übergriffe gegen Frauen in den Streitkräften. Gerade in Kampfeinheiten wird mitunter eine Macho-Kultur gepflegt. Der Anteil der Soldatinnen ist unterschiedlich in den einzelnen Waffengattungen, aber überall seit 1970 steil gestiegen. Den höchsten Anteil hat die Luftwaffe mit annähernd 20 Prozent, bei den Marines, der Elitekampfeinheit, sind es sieben Prozent.

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