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Kinder, Kinder – doch wie bekommen die Eltern Beruf und Familie unter einen Hut? Foto: Oliver Berg/dpa

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Politik: Anreize für den Hausmann

Wissenschaftler kritisieren das Ehegattensplitting und empfehlen, junge Väter ans Babybett zu locken.

Von Hans Monath

Berlin - Mancher renommierte Forscher erkannte seine eigene Arbeit nicht wieder, als Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) kurz vor der Sommerpause der Öffentlichkeit die Ergebnisse eines wissenschaftlichen Großprojekts präsentierte. Zur Vorstellung der „Gesamtevaluation der ehe- und familienbezogenen Leistungen“ im Juni waren deren Autoren, anders als bei der Übergabe wissenschaftlicher Gutachten an Regierungsmitglieder üblich, nicht ins Ministerium geladen. Ohne Widerspruch zu befürchten, konnte die CDU-Politikerin ihre Lesart der Untersuchung der 156 Familienleistungen in Deutschland ausbreiten. Schröder kam zu dem Ergebnis, keine der vielen Leistungen müsse gestrichen werden, es sei kein Kurswechsel in der deutschen Familienpolitik nötig.

Etliche der Autoren sehen das jedoch völlig anders, wie die Thesen der drei Wirtschaftsforschungsinstitute DIW, Ifo und ZEW deutlich machen, die sie am Mittwoch in Berlin vorstellen wollen. Darin ziehen sechs Forscher eine gemischte Bilanz aus der „Gesamtevaluation“ der Familienleistungen, für die der Staat rund 200 Milliarden Euro pro Jahr aufwendet. Die vierjährige, durch Meinungsumfragen ergänzte Untersuchung gilt mit ihrem umfassenden Ansatz unter Sozialwissenschaftlern als weltweit einzigartige kritische Bestandsaufnahme der Familienpolitik einer Nation.

Höchstes Lob verteilen die Autoren an die Finanzierung der Kindertagesbetreuung durch Länder, Kommunen und seit einigen Jahren auch durch den Bund. Es handle sich „um die einzige Maßnahme, die sich substanziell positiv“ auf alle von der Bundesregierung vorgegebenen Ziele auswirke, heißt es in dem Thesenpapier. Ziele sind die bessere finanzielle Sicherung von Familien, die frühe Förderung von Kindern, die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie die Erfüllung von Kinderwünschen. Vorgegeben hatte sie die damalige Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU), die das Gutachten angeregt und mit dem Finanzministerium in Zeiten der großen Koalition 2009 in Auftrag gegeben hatte.

Auch finanziell lohnt der Kita-Ausbau laut dem Gutachten: Investitionen in diese Infrastruktur könnten sich „zu einem beträchtlichen Teil selbst tragen“, da der Staat durch die höhere Erwerbstätigkeit der Mütter mehr Steuern und Sozialversicherungsbeiträge einnehme. Eltern völlig von den Kosten zu entlasten, halten die Experten nicht für hilfreich. Statt völliger Gebührenfreiheit empfehlen sie, das eingenommene Geld in eine bessere frühkindliche Förderung zu investieren, die in Deutschland nach internationalen Maßstäben nur mittelmäßig sei.

Sehr positiv schneidet in der Gesamtschau auch das in Leyens Amtszeit eingeführte Elterngeld ab. Die Lohnersatzleistung solle so weiterentwickelt werden, dass sie „mehr Anreize für eine partnerschaftliche Arbeitsteilung“ von Frauen und Männern setze, heißt es. Mögliche Instrumente, um mehr Väter ans Babybett zu locken, seien ein Ausbau der Vätermonate oder günstigere Bedingungen für Eltern, die während der Elternzeit in Teilzeit weiterarbeiten. Das Elterngeld wird bisher nur für die volle Zeit von 14 Monaten gezahlt, wenn auch der Vater mindestens zwei Monate aussetzt. Teilzeit wird bislang finanziell benachteiligt, weil das Einkommen auf das Elterngeld angerechnet wird.

Kritisch gehen die drei Institute mit Kindergelderhöhungen ins Gericht, wie sie neben der Union auch SPD und Linkspartei versprechen. Angesichts knapper Haushalte sei eine Erhöhung „keine sinnvolle Strategie zur Weiterentwicklung der Familienpolitik“, unter anderem weil sie „negative Arbeitsanreize“ schaffe.

Hinderlich für die Erwerbsbeteiligung von Frauen und für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist nach Ansicht der Institute auch das geltende Ehegattensplitting. Stattdessen empfehlen die Autoren eine Entwicklung hin zu einem „gedeckelten Realsplitting“. Der Staat könnte durch die Einzelbesteuerung der Partner mit Übertragung eines Grundfreibetrags bis zu zehn Milliarden Euro pro Jahr sparen und das Geld Familien auf anderem Wege zurückgeben.

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