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Bundeskanzlerin Angela Merkel mit den Ministerpräsidenten Dietmar Woidke und Reiner Haseloff.

© picture alliance/dpa/Bernd von Jutrczenka/

Vor dem Gipfel am Dienstag: Bund und Länder ringen um weitere Corona-Verschärfungen

Deutschland steuert auf weitere Corona-Beschränkungen zu. Darauf deuten Aussagen aus der Politik hin. Aber wer fordert was, und vor allem für wie lange?

Kurz vor Beratungen über mögliche neue Verschärfungen des Lockdowns wegen der Corona-Pandemie ringen Bund und Länder um das weitere Vorgehen. Der neue CDU-Chef und nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet sagte, er gehe davon aus, „dass wir noch einmal zu Verschärfungen kommen“. Man müsse erörtern: „Wo können wir welche Wirkung erzielen?“ Er wies auf die wohl ansteckendere Virus-Variante hin: Über die in Großbritannien wütende Mutante wisse man zu wenig.

Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) sagte, Vorbeugen sei besser, als den Zahlen hinterher zu laufen. Er rate dazu, „wirklich alles konsequent weiterzuführen - aber auch darüber nachzudenken, punktuell noch mal zu verschärfen.“ Es gelte: „Lieber jetzt kurz und hart“, als eine lange Geschichte bis in den Sommer zu haben. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) will an diesem Dienstag mit den Länderchefs über das weitere Vorgehen beraten.

Der Kieler Regierungschef Daniel Günther forderte ein langfristige Strategie: Natürlich müsse man sich mit der neuen Mutation auseinandersetzen und ob Maßnahmen ausreichten. Man könne aber feststellen, dass gerade verschärfte Beschränkungen eine Wirkung entfaltet hätten. „Die Infektionszahlen gehen in vielen Ländern runter.“ Vom angestrebten Niveau von 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in sieben Tagen (Sieben-Tage-Inzidenz) sei man noch weit entfernt. Es sei aber ein bisschen Zeit bis Ende des Monats.

Er forderte, nicht nur über neue Beschränkungen zu reden. „Wir müssen auch beschreiben, was heißt das in den Monaten Februar, März, April, wenn bestimmte Inzidenzwerte unterschritten werden - welche Bereiche können wir auch dann dauerhaft wieder öffnen“, sagte der CDU-Politiker am Samstag im Fernsehsender Phoenix.

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Die Gesundheitsämter meldeten am Samstag 18.678 neue Infektionen und 980 neue Todesfälle binnen eines Tages. Bundesweit liegt die Zahl der neuen Infektionen pro 100.000 Einwohner in sieben Tagen nun bei 139. Unter den Ländern gibt es aber weiter große Unterschiede. Den höchsten Wert hat Thüringen (268), den niedrigsten Wert Bremen (80). Wie Laschet sagte, soll das RKI am Montag vor der Bund-Länder-Schalte noch eine Einschätzung zum Infektionsgeschehen nach dem Jahreswechsel geben.

Woidke hält schärfere Corona-Regeln für notwendig

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) sprach sich angesichts der hohen Zahlen für schärfere Corona-Regeln aus. „Es werden weitere Verschärfungen notwendig sein, auch aufgrund der Mutation des Virus mit deutlich höheren Ansteckungsquoten“, sagte Woidke der Tageszeitung „Die Welt“. Angesichts der zu hohen Infektionszahlen in Brandenburg stünden Lockerungen „überhaupt nicht zur Debatte“. Ein generelles Reiseverbot und einen Lockdown für die Industrie lehnt Woidke ab. „Kraftwerke müssen weiterlaufen, auch Instandhaltungsbetriebe. Wasser, Abwasser, Strom, Gas, Logistik - das muss doch alles funktionieren.“

„Priorität haben für mich Präsenzunterricht der Abschlussklassen an den Schulen und Kitas. Wir sollten sie - zumindest mit einer Notbetreuung - so lange offen halten wie möglich“, betonte Woidke. Die Debatte über eine Impfpflicht hält der SPD-Politiker für „völlig daneben“. „Im Moment geht es darum, überhaupt erstmal genügend Impfstoffe zu beschaffen“, sagte er. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte eine Diskussion über verpflichtende Impfungen für Pflegekräfte in Heimen gefordert

„Kraftanstrengung“ bis zum Sommer

Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) hält eine „Kraftanstrengung“ bis zum Sommer für nötig. Besonders die nächsten drei bis vier Monate würden schwer, sagte er am Freitagabend. Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) sprach von drei schweren Monaten und sagte dem Portal t-Online: „Ab Ostern kommen uns hoffentlich das bessere Wetter und zusätzliche Impfstoffe zur Hilfe.“ Saar-Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) sagte der „Rheinischen Post“: „Mehr Impfen allein verhindert nicht einen weiteren Lockdown.“ SPD-Fraktionsvize Bärbel Bas, regte im Redaktionsnetzwerk Deutschland eine Homeoffice-Pflicht an, die aber auch durchgesetzt werden müsste.

Kritik kam von der FDP. „Auch die Corona-Beratungen von Bund und Ländern werden in der kommenden Woche wieder hinter verschlossenen Türen und ohne Parlamentsbeteiligung stattfinden“, heißt es in dem Schreiben, das der Deutschen Presse-Agentur in Berlin vorliegt. „Wir Freien Demokraten im Deutschen Bundestag halten dieses Vorgehen für unangemessen gegenüber dem Volk und seinen Volksvertretern.“

Die Bekämpfung der Corona-Pandemie sei eine gesamtstaatliche Aufgabe. Etwaige geplante zusätzliche Grundrechtseinschränkungen müssten vorab im Bundestag Gegenstand der öffentlichen Debatte sein, schrieben Lindner und Buschmann weiter. „Es muss im Parlament dargelegt werden, auf welcher Datengrundlage Verschärfungen stattfinden sollen, wie deren Wirksamkeit ist und welche Alternativen erwogen werden können.“ (dpa)

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