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Die ukrainische Armee hat inzwischen große Probleme, neue Soldaten zu rekrutieren.

© Imago/PPE

„Die Ukraine ist kein Unrechtsstaat“: Wird Deutschland geflohenen Wehrpflichtigen Ersatzpapiere verweigern?

Kiew sucht für den Abwehrkampf gegen Russland dringend mehr Soldaten. Daher gelten auch neue Regeln für Männer im Ausland. Dieses Thema beschäftigt nun auch die Behörden in Deutschland.

Nach mehr als zwei Jahren Krieg gerät die Ukraine gegen die russischen Invasionstruppen von Kreml-Machthaber Wladimir Putin immer mehr unter Druck. Die Regierung in Kiew beklagt einerseits fehlenden Nachschub an Waffen und Munition von den westlichen Verbündeten. Anderseits hat die ukrainische Armee inzwischen große Probleme, neue Soldaten zu rekrutieren.

Am 23. April stoppte Kiew deshalb die Ausgabe von Reisepässen an im Ausland befindliche Männer im Alter zwischen 18 und 60 Jahren. In einer Verordnung heißt es, der Versand von Pässen an diplomatische Vertretungen der Ukraine im Ausland werde „nicht mehr praktiziert“. Somit können ukrainische Männer im wehrfähigen Alter ihre Reisepässe künftig nur noch im Land selbst erhalten.

Dazu kann eben auch zählen, dass wir daran mitwirken, dass die Ukraine auf Männer, die ins Ausland geflohen sind, die aber im Krieg eingesetzt werden können, zurückgreifen kann.

 Roman Poseck, Hessens Innenminister (CDU)

Wenn die Bundesrepublik auf Erfüllung der Passpflicht besteht, müssten ukrainische Männer mit abgelaufenen Dokumenten daher in ihre Heimat zurückkehren, wo wiederum aufgrund des Kriegsrechts ein Ausreiseverbot für sie gilt. Der hessische Innenminister Roman Poseck (CDU) hat nun signalisiert, dass Deutschland der Regierung in Kiew bei der Rekrutierung Wehrpflichtiger helfen könnte.

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„Dazu kann eben auch zählen, dass wir daran mitwirken, dass die Ukraine auf Männer, die ins Ausland geflohen sind, die aber im Krieg eingesetzt werden können, zurückgreifen kann“, sagte Poseck der ARD zufolge dem „Bericht aus Berlin“, der am Sonntag ausgestrahlt wurde. Die Ukraine habe angesichts der schwierigen Lage ein nachvollziehbares Interesse, alle Männer im Wehralter zu registrieren.

Poseck sagte, er sehe auch wenig Chancen auf Ersatzpapiere in Deutschland. Vieles spreche dagegen: „Ich bin skeptisch, weil ich nicht sehe, dass die Voraussetzungen dafür vorliegen. Die Ukraine ist kein Unrechtsstaat.“ Es sei wichtig, „die Verteidigungsbereitschaft der Ukraine zu unterstützen“. Hintergrund ist, dass solche Ersatzdokumente nur ausgestellt werden, wenn ein Antrag im Heimatland unzumutbar erscheint.

Zugleich wolle Deutschland sicherer Zufluchtsort bleiben, wie Poseck der ARD sagte. Der Innenminister sprach demnach von einem „Dilemma“. Mehrere Länder haben dem Bericht zufolge bestätigt, dass eine bundeseinheitliche Lösung angestrebt werde. Ziel sei, eine Entscheidung spätestens auf der Innenministerkonferenz im Juni zu treffen.

Als legaler Ausweg für wehrpflichtige Ukrainer ohne gültige Papiere bleibt nach Auskunft des Hilfsvereins Connection künftig schlimmstenfalls nur noch ein Asylantrag. „Die Ukraine erkennt das Recht auf Kriegsdienstverweigerung nicht an“, sagte Rudi Friedrich der Nachrichtenagentur epd. „Das ist ganz klar ein Menschenrechtsverstoß.“ Ein Erfolg solcher Asylgesuche in der jetzigen Situation bleibe allerdings ungewiss. 

Allein in Hessen und Rheinland-Pfalz wären nach Angaben der beiden Landesregierungen dem Bericht zufolge potenziell mehr als 20.000 Männer aus der Ukraine von dem jüngst verschärften Mobilisierungsgesetz betroffen.

Unmittelbare Auswirkungen auf ihr Aufenthaltsrecht dürften die Maßnahmen jedoch nicht haben, da allen nach dem russischen Angriff aus dem Land geflohenen Menschen zunächst bis März 2025 von der EU ein Aufenthaltsrecht aus humanitären Gründen gewährt wurde.

„Für sämtliche weiteren Rechtsakte im Aufenthaltsrecht oder in anderen Lebensbereichen hat die Nichterfüllung der Passpflicht aber prinzipiell negative Auswirkungen, die angesichts der erst seit wenigen Tagen bekannten Passregelung der Ukraine und der besonderen Situation dieser Kriegsflüchtlinge noch nicht näher spezifiziert werden können“, heißt es dem Bericht zufolge in einer der Stellungnahme des hessischen Innenministeriums. (lem)

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