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Politik: Energie jetzt und immer

Im Streit zwischen Russland und der Ukraine zeichnet sich eine Lösung ab / Nur Gas fließt weiter keines

Dmitri Medwedew stand die Enttäuschung deutlich im Gesicht, als er am Samstagabend nach dem Gas-Krisengipfel in Moskau ans Mikrophon trat. Seiner Einladung waren nicht die Staats- oder Regierungschefs, sondern lediglich die Energieminister der EU-Staaten gefolgt. Vor allem aber: Wann wieder russisches Gas über die Ukraine nach Westeuropa fließen wird, steht nach wie vor nicht fest.

Zwar einigte sich die Runde auf ein internationales Konsortium, das sich mit Russland die Kosten für das sogenannte „technische Gas“ teilt, das bei der Durchleitung nach Europa auf ukrainischem Gebiet den nötigen Druck in der Pipeline erzeugt. Dafür hatte Premier Wladimir Putin zuvor schon bei einem Treffen mit Vertretern europäischer Importeure – darunter auch die deutsche Eon-Ruhrgas und die BASF-Tochter Wingas – sowie von Bundeskanzlerin Angela Merkel Rückendeckung erhalten. Weil Russland seine Preisforderungen für Gaslieferungen an die Ukraine um fast das Doppelte erhöhte, die Gebühren für die Durchleitung nach Europa aber nur geringfügig anheben will, ist Kiew nicht länger bereit, das technische Gas aus eigener Tasche zu bezahlen. Dafür fallen nach Schätzungen von Gasprom-Chef Alexej Miller allein im ersten Quartal 2009 Kosten von 730 Millionen US-Dollar an.

Kiew hat am Samstag erneut die Durchleitung russischer Lieferungen für Europa verweigert. Sie, sagte die ukrainische Regierungschefin Julia Timoschenko, die in Moskau noch vor dem Krisengipfel ein Vier-Augen-Gespräch mit Putin hatte, übernehme die „volle Verantwortung“ für den Lieferaufschub. Unmittelbar zuvor hatte der Kiewer Staatskonzern Naftogas den Transit erneut verweigert. Sie, sagte Timoschenko, verlange „gerechte Preise“: Für russische Gaslieferungen an die Ukraine und für den Transit nach Europa. Außerdem müssten Moskau und Kiew künftig auf Zwischenhändler verzichten. Gemeint war Rosukrenergo, über das die Ukraine in den vergangenen drei Jahren einen Mix aus teurem russischen und billigem zentralasiatischen Gas gekauft hatte. Das in der Schweizer Steueroase Zug registrierte Konsortium, an dem Gasprom 51 Prozent der Anteile halten soll, musste sich von Timoschenko mehrfach intransparentes Geschäftsgebaren und sogar Korruption vorhalten lassen. In Moskau gibt es zudem Gerüchte, wonach Timoschenkos innenpolitischer Erzrivale – Präsident Viktor Juschtschenko – über Strohmänner Anteile an dem Konsortium halten soll. Juschtschenko hatte den Vermittler beim ersten Gaskrieg Anfang 2006 ins Gespräch gebracht.

Rosukrenergo werde künftig nicht mehr mit am Verhandlungstisch sitzen, sagte Medwedew nach dem Krisengipfel. Unmittelbar danach setzten Putin und Timoschenko ihre Verhandlungen zur Unterzeichnung eines Lieferabkommens für die Ukraine fort. Denn Juschtschenko hatte zuvor in einem Telefonat mit Medwedew nochmals deutlich gemacht, dass für ihn nur eine Paket-Lösung in Frage komme: keine Wiederaufnahme des Transits nach Europa ohne Liefervertrag für die Ukraine. Dessen Unterzeichnung, meinte hoffnungsfroh ein Gasprom-Sprecher, sei nur noch eine Frage von Stunden. Russische Regierungsbeamte indes haben Zweifel, ob Timoschenkos Mandat dazu ausreichend ist. Denn in der Ukraine hat der Präsident der Regierung gegenüber nach wie vor in Teilen Weisungsrecht. Juschtschenko, sagte Medwedew, habe ihm bei dem Telefonat versichert, seine und die Position seiner Regierungschefin seien im Gasstreit absolut identisch. „Wir werden sehen“, sagte der Kremlherrscher und lächelte viel sagend.

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