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Der türkische Präsident Erdogan wittert hinter den Korruptionsvorwürfen gegen seine Ex-Minister eine Verschwörung von Regierungsgegnern.

© Kayhan Ozer/dpa

Update

Korruptionsvorwürfe: Türkische Ex-Minister müssen nicht vor Verfassungsgericht

Nach Bekanntwerden von Korruptionsvorwürfen vor gut einem Jahr waren vier Minister von ihren Ämtern zurückgetreten. Ein Untersuchungsausschuss hat jetzt entschieden, dass es zu keinem Verfahren kommt.

Vier unter Korruptionsverdacht stehende Ex-Minister der türkischen Regierung müssen sich vorerst nicht vor Gericht verantworten. Mit der Mehrheit der Regierungspartei AKP entschied ein Untersuchungsausschuss im Parlament von Ankara am Montag, eine Anklage gegen die Politiker sei nicht gerechtfertigt. Die Opposition will dennoch einen Prozess durchsetzen – das Thema bleibt also auf der Tagesordnung. Ein Korruptionsprozess könnte der AKP und Präsident Recep Tayyip Erdogan politisch schwer schaden.

Ex-Wirtschaftsminister Zafer Caglayan, der frühere EU-Minister Egemen Bagis, der ehemalige Innenminister Muammer Güler und Ex-Bauminister Erdogan Bayraktar waren Ende 2013 von Istanbuler Staatsanwälten im Zusammenhang mit Korruptionsermittlungen genannt worden. Von Erdogan eingesetzte Staatsanwälte stellten die Ermittlungen gegen die Politiker und den wegen Bestechung festgenommenen Geschäftsmann Reza Zarrab wenig später ein. Zarrab wurde vorgeworfen, er habe sich mit Millionensummen die Rückendeckung der Regierung für Goldgeschäfte mit dem Irak erkauft.

Erdogan und die Regierung von Ministerpräsident Ahmet Davutoglu sehen die Korruptionsvorwürfe als Teil einer Verschwörung der Bewegung des islamischen Predigers Fethullah Gülen. Eine Anklage gegen die Ex-Minister durch das Parlament würde diese These ins Wanken bringen. Erdogan forderte deshalb vom Untersuchungsausschuss einen Freispruch für die Ex-Minister, wie türkische Medien berichteten.

Unter den AKP-Mitgliedern im Ausschuss gab es laut Medienberichten aber Widerstand dagegen; Gutachter hatten in dem Gremium unter anderen von erheblichen Vermögenszuwächsen bei den beschuldigten Ex-Ministern gesprochen. Premier Davutoglu soll die Politiker gegen Erdogans Willen aufgefordert haben, sich selbst der Justiz zu stellen. Wegen der Unstimmigkeiten im Regierungslager wurde die ursprünglich für den 22. Dezember geplante Abstimmung im Untersuchungsausschuss auf Montag verschoben. 

Die Journalistin Asli Aydintasbas sagte im Nachrichtensender CNN-Türk, der Druck von oben auf die AKP-Mitglieder im Ausschuss habe am Ende den Ausschlag gegeben. Alle neun AKP-Mitglieder votierten gegen eine Anklage, fünf Oppositionspolitiker stimmten für einen Prozess gegen die Ex-Minister. Der Ausschussvorsitzende Hakki Köylü deutete an, dass die in einigen Tagen erwartete schriftliche Begründung der Entscheidung keine hundertprozentige Entlastung für die Ex-Minister bringen wird. 

Ohnehin kann das Plenum in den kommenden Wochen in geheimer Abstimmung eine Anklage gegen die Ex-Minister beschließen. Der Oppositionspolitiker Levent Gök sagte nach der Ausschussberatung, man setze im Plenum auf „aufrechte“ AKP-Abgeordnete. Die Opposition muss allerdings mindestens 52 AKP-Politiker auf ihre Seite ziehen, wenn sie Erdolg haben will. Unabhängig vom Ergebnis des Votums im Plenum ist abzusehen, dass die Korruptionsaffäre im kommenden Wahlkampf eine große Rolle spielen wird. 

Für einen Teil der Öffentlichkeit steht fest, dass es erhebliche Unregelmäßigkeiten gegeben hat. Während der Ausschuss am Montag über das Schicksal der Ex-Minister beriet, wurde bekannt, dass eine Firma des Geschäftsmanns Zarrab ein neues Flugzeug für 58 Millionen Dollar gekauft hat –dasselbe Unternehmen musste laut Oppositionsangaben zuletzt keinerlei Steuern zahlen.

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