zum Hauptinhalt
Christian Lindner (FDP), Bundesminister der Finanzen, macht im August 2022 mit einem Bürger ein Selfie.

© picture alliance/dpa/Christophe Gateau

„Verrohung ist offensichtlich“: Lindner will trotz Angriffen auf Politiker sein Verhalten nicht ändern

Er fühle sich trotz der Attacken nicht bedroht, werde weiter Selfies mit Bürgern machen, sagt der Finanzminister. Lindner sieht aber eine allgemeine Stimmungsänderung.

Die jüngsten Angriffe auf Politiker und Wahlhelfer haben die Republik erschüttert. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) beklagt mit Blick auf die Attacken eine zunehmende Aggressivität im Umgang mit Politikern. Er selbst werde daraus aber keine Konsequenzen ziehen.

„Nein, ich fühle mich nicht bedroht. Ich verändere auch mein Verhalten nicht“, sagte er den Zeitungen der Mediengruppe Bayern. Lindner hat als Minister in der Öffentlichkeit stets Personenschützer um sich. „Ich mache unverändert zum Beispiel Selfies mit den Besuchern meiner Veranstaltungen.“ Die Aufnahme oben entstand im August 2022.

Der FDP-Chef beklagte aber eine allgemeine Stimmungsänderung. „Die Verrohung auch jenseits von Attacken ist offensichtlich“, sagte er. „Ich bin jetzt 24 Jahre Abgeordneter, habe aber kaum jemals mit Eskalationen zu tun gehabt. Innerhalb weniger Jahre ist das anders geworden.“

Wenn wir Gewalt und Verrohung hinnehmen, dann kann es alle treffen, die eine andere Meinung oder eine andere Lebensweise haben.

Christian Lindner, Bundesfinanzminister und FDP-Chef

In Dresden war der SPD-Wahlkämpfer Matthias Ecke angegriffen und so schwer verletzt worden, dass er in einem Krankenhaus operiert werden musste. Die Kommunalpolitikerin Yvonne Mosler (Grüne) wurde in der sächsischen Landeshauptstadt beim Aufhängen von Wahlplakaten angerempelt und bedroht. In Berlin wurde Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) von einem Angreifer leicht verletzt.

In seinen Veranstaltungen gebe es nun regelmäßig vor allem linke Gruppen, die nicht mehr diskutieren, sondern nur lärmen oder blockieren wollten, sagte Lindner weiter. „Oder mit Stinkbomben den Versuch unternehmen, dass man Argumente gar nicht mehr vortragen kann“, sagte Lindner.

Lindner warnte, dass jeder, „egal ob Politiker oder Bürger, irgendwann selbst betroffen sein kann“. Er fuhr fort: „Wenn wir Gewalt und Verrohung hinnehmen, dann kann es alle treffen, die eine andere Meinung oder eine andere Lebensweise haben. Deshalb geht es um den Schutz unserer freien, offenen und toleranten Gesellschaft.“

Schärfere Strafen speziell für Angriffe auf Politiker lehnte der FDP-Chef aber ab: „Experten sagen, dass der Strafrahmen ausreicht, aber die Handlungsfähigkeit der Justiz verbessert werden muss. Körperverletzung ist strafbar. Dabei macht es keinen Unterschied, ob das Opfer nun ein öffentliches Amt bekleidet oder nicht.“

Der Deutsche Richterbund forderte einen Kurswechsel der Bundesregierung im Kampf gegen Extremismus und Rechtspopulismus. Bundesgeschäftsführer Sven Rebehn sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe: „Die Ampelkoalition spricht zwar viel über die Resilienz des Rechtsstaats, tut aber zu wenig dafür. Jetzt rächt es sich, dass der Bundesfinanzminister ausgerechnet beim Rechtsstaat den Rotstift angesetzt hat.“

Notwendig seien mehr Präventionsprogramme, eine bessere Aufklärung über Desinformation im Netz und eine effektive Strafverfolgung, um die Spirale aus Hass, Bedrohungen und Gewalt zu durchbrechen. (lem)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false