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11.05.2024, Brandenburg, Grünheide: Teilnehmer einer Protestveranstaltung gehen zum Werk von Tesla.

© dpa/Patrick Pleul

Update

Anti-Auto-Protest „in der Sache falsch“: Habeck warnt vor Radikalisierung der Demonstrationen gegen Tesla

Tagelang protestierten Aktivisten in Brandenburg gegen Tesla. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat dafür kein Verständnis.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat das Ausmaß der Proteste gegen die Erweiterung der Tesla-Fabrik im brandenburgischen Grünheide scharf kritisiert. „Es gibt Grenzen des Protests. In Grünheide ist diese Grenze leicht zu finden: Es ist der Grenzzaun des Betriebsgeländes“, sagte Habeck der Funke Mediengruppe. „Dort endet der Protest, es beginnt die Strafbarkeit. Protestler tragen immer auch Verantwortung dafür, dass ihre Aktionen gewaltfrei bleiben und sich nicht radikalisieren.“ Am Freitag hatten mehrere Aktivisten versucht, auf das Tesla-Betriebsgelände vorzudringen. Die Polizei verhinderte dies.

Zudem warnte Habeck vor einer Radikalisierung der Protestformen. „In Folge der Straßenblockaden während der Bauernproteste wurden zum Beispiel mehrere Menschen verletzt“, sagte er. Bauern hatten unter anderem Misthaufen auf die B5 in Brandenburg gekippt und dadurch Unfälle ausgelöst.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne).

© IMAGO/Panama Pictures/IMAGO/Christoph Hardt

Habeck bezeichnete den Protest auch in der Sache als „falsch“. „Er richtet sich gegen jede Autofabrik“, sagte der Grünen-Politiker. „Ende Gelände“ wolle nicht nur Tesla stoppen, sondern auch die anderen Autokonzerne, VW in Wolfsburg oder Mercedes in Bremen. Niemand könne aber ein Interesse an Deutschland ohne Automobil-Produktion haben. „Wir werben darum, dass die Autos der Zukunft hier produziert werden – und Arbeitsplätze und Wertschöpfung hier gehalten werden. Und solche Autos baut eben auch Tesla“, sagte Habeck der Funke Mediengruppe.

Die Nacht nach dem dritten Protesttag blieb nach Polizeiangaben friedlich. Am Sonntag wurde das Aktionscamp aufgelöst. Seit Mittwoch liefen die Anti-Tesla-Protesttage. Einige Bündnisse kündigten weitere Aktionen an oder wollten sich diese Möglichkeit vorbehalten. Die Aktivisten werfen dem US-Autobauer vor, Umwelt und Wasserversorgung der Region zu gefährden.

Scholz hofft auf Verdopplung der Produktion

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) setzt trotz der Proteste auf einen Ausbau der Produktion bei dem Elektroautobauer. Die Ansiedlung der Elektroautofabrik in Brandenburg sei zwar umstritten, „aber ich hoffe, sie wird ihre Produktion noch weiter verdoppeln“, sagte Scholz am Sonnabend in einer Gesprächsrunde des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND).

Am Sonnabend beteiligten sich nach Polizeiangaben mehr als 1000 Menschen an den Demonstrationen in Grünheide. Die Veranstalter der Kundgebung unter dem Motto „Wasser. Wald. Gerechtigkeit“ sprachen von 2000 Teilnehmern. Nach Polizeiangaben verlief der Aufzug weitgehend störungsfrei. Vereinzelt seien Nebeltöpfe gezündet worden. Niemand sei dadurch verletzt worden.

Eine Anti-Tesla-Demo am Samstag verlief weitgehend ruhig.

© AFP/JOHN MACDOUGALL

Abseits der angemeldeten Versammlung gab es demnach einen weiteren Aufzug von etwa 500 Menschen, der von Einsatzkräften begleitet wurde. Dabei kam es zu einer Auseinandersetzung zwischen einzelnen Versammlungsteilnehmern und der Polizei. Bis Samstagabend wurde der Polizei zufolge ein Mensch in Gewahrsam genommen. Außerdem wurden vier Strafanzeigen unter anderem wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz aufgenommen.

Seit Mittwoch hat die Polizei bei den Protesten nach eigenen Angaben 76 Strafanzeigen aufgenommen und 23 Aktivistinnen und Aktivisten vorübergehend in Gewahrsam genommen. Darunter seien fünf Aktivisten gewesen, die einem Haftrichter vorgeführt wurden, teilte die Polizei am Sonntag mit. Alle Personen seien schließlich aus dem Gewahrsam entlassen worden.

Die Strafanzeigen gingen laut Polizei vor allem auf Verstöße gegen das Versammlungsgesetz, Nötigung im Straßenverkehr, Widerstandshandlungen, Landfriedensbruch und Sachbeschädigungen zurück.

Die Aktivisten protestieren gegen die geplante Erweiterung des Tesla-Werks.

© dpa/Patrick Pleul

Bereits seit Ende Februar demonstrieren Umweltschützer mit einem Camp im Wald in der Nähe des Werks gegen die Erweiterung. Ziel der Aktivisten ist es, eine Rodung des fraglichen Waldstücks zu verhindern. „Grünheide will nicht noch mehr Auto-Fabrik mit all ihren Folgeschäden“, erklärte Esther Kamm, Sprecherin der Initiative „Tesla den Hahn abdrehen“, am Samstag. Die Politik müsse auf das Votum der Bürger in Grünheide hören und die Werkserweiterung stoppen.

Nächste Woche Abstimmung über neuen Bebauungsplan

Bei einer Befragung hatte eine Mehrheit der Anwohner die Erweiterungspläne von Tesla abgelehnt. Für die Gemeinde ist das Votum nicht bindend. Angesichts der Widerstände gegen die geplante Erweiterung des Werks schlug die Gemeinde vor, dass statt der mehr als 100 Hektar, die ursprünglich zur Rodung für die Erweiterung des Geländes vorgesehen waren, nur etwa 50 Hektar Wald gerodet werden. Am Donnerstag soll die Gemeindevertretung nach Angaben der Aktivisten über den neuen Bebauungsplan abstimmen.

Im März war ein Hochspannungsmast in Brand gesetzt worden, woraufhin die Stromversorgung bei Tesla ausfiel. Zu dem Anschlag bekannte sich eine linksextremistische Gruppe. Der Generalbundesanwalt ermittelt unter anderem wegen des Anfangsverdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung. (AFP/dpa/PNN)

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