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Brandenburg: Eine Hassliebe

Kabarettist Rainald Grebe schrieb eine Hymne auf Brandenburg

Berlin - Auf einmal hat sich dieses Lied zum Selbstläufer entwickelt. Kursiert im Internet. Wird im Radio gespielt. Und verhilft dem Kabarettisten Rainald Grebe zu einem Ruhm, der ihm nicht recht geheuer ist. „Es gibt Länder, wo richtig was los ist. Und es gibt Brandenburg“, singt er mit bebender Stimme in „Brandenburg“, einer Hymne, die Liebeslied und Hasserklärung an das Berliner Umland zugleich ist.

In eigenwilligen Reimen erzählt Grebe darin von Nazis, die in der brandenburgischen Provinz niemanden zum Verprügeln finden. Von Auftritten des ehemaligen DDR-Entertainers Achim Menzel in einem Autohaus in Schwedt. Oder von Jugendlichen, die aus lauter Langeweile gegen Bäume fahren – „Was soll man auch machen mit 17, 18 in Brandenburg.“

Was man da machen soll – diese Frage kann Rainald Grebe selbst nicht ganz schlüssig beantworten. Auf jeden Fall hat er aber all das, worüber er da singt, selbst erlebt. Mit einem Programm aus kurzen Erzählungen und selbst komponierten Liedern ist er in den vergangenen Jahren in Begleitung seiner Band „Kapelle der Versöhnung“ durch die Republik gereist. Und eben auch durch Brandenburg. Da habe er sie dann gesehen, die einsamen Nazis und den Achim Menzel.

„Eigentlich ist das Lied ein Seitenhieb auf den Hauptstadtdünkel, auf diese ganze Hysterie, um Berlin“, sagt Rainald Grebe. An einem unentschlossenen Frühlingstag sitzt er in einer kleinen, mit dunklem Holz ausgekleideten Kneipe in der Nähe des ehemaligen Mauerstreifens in Berlin Mitte. Bierbäuchige Herren bestellen sich dort beim Kellner Eisbein oder Bratwurst zum Mittag. Im Hintergrund nölen die Scorpions leise ihr „Wind of Change“. Der 34-Jährige zündet sich eine Zigarette an, zieht daran und atmet den Rauch langsam aus.

Ursprünglich habe er ein Lied über Berlin schreiben wollen, erzählt Grebe. Darüber, was man in der Hauptstadt alles erleben könne: „Berlin ist Provinz und Highlife zugleich.“ Das war vor knapp 15 Jahren auch der Grund, warum Grebe seine Heimat Ferchen bei Köln verließ und an die Spree zog. „Im Westen war Kultur damals eine Art Sättigungsbeilage, während die Menschen im Osten neugieriger, aufgeschlossener waren.“

Aufgeschlossen war Grebe auch. Den Möglichkeiten gegenüber, die sich ihm in der Hauptstadt boten. An der Ernst-Busch-Hochschule studierte er bis 1997 Puppenspiel. Im Anschluss ging es für ihn nach Jena, wo er am Theater als Dramaturg und Schauspieler arbeitete.

Seit knapp anderthalb Jahren lebt Rainald Grebe nun wieder in Berlin und „will hier nie wieder weg“. Wenn er nicht gerade irgendwo auf der Bühne steht, dann schreibt und komponiert er neue Lieder. Zwei CDs hat er bislang veröffentlicht: „Das Abschiedskonzert“ und „Rainald Grebe & die Kapelle der Versöhnung“, auf der sich besagtes „Brandenburg“ befindet. Als nächstes plane er eine Art „neue Mundorgel“ mit „Arbeiter- und Soldatenliedern“. Vermutlich werden diese ähnlich skurril wie seine „Brandenburg“-Hymne.

Nächste Auftritte im „Quatsch Comedy Club“ im Friedrichstadtpalast in Berlin vom 6. bis 9. April

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