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Brandenburg: Richter rügen Brandenburg

Vorwurf der Enteignung von Bodenreformflächen

Potsdam - Das Land Brandenburg prüft Konsequenzen aus einem spektakulären Urteil des Bundesgerichtshofs zur Bodenreform. Das Finanzministerium hat am Mittwoch zugleich Vorwürfe bestritten, es habe sich selbst bereichern wollen. Der Bundesgerichtshof hat es in einem aktuellen Urteil als „sittenwidrig und nichtig“ gerügt, dass sich Brandenburg bei Bodenreformgrundstücken, für die sich zunächst kein Erbe fand, kurzerhand selbst als Eigentümer hatte eintragen lassen. Die Richter sahen darin einen „Missbrauch der verliehenen Vertretungsmacht.“

Der Vorwurf lautete, dass Erben von „Neubauern“, an die im Zuge der Bodenreform 1945 enteignete Grundstücke verteilt worden waren, in den vergangenen Jahren zum Vorteil des Landes geprellt worden seien. „Das Land wollte sich nicht bereichern. Es ging lediglich darum, Ansprüche zu sichern“, erklärte Ministeriumssprecher Ingo Decker. Diese Praxis hing mit einer Verjährungsfrist zusammen, die im Jahr 2000 ablief, argumentiert das Ministerium. Das Land sei sich bewusst gewesen, dass Anspruchsteller später auftauchen könnten. „Es war Praxis, die Grundstücke dann herauszugeben“, sagte Decker.

Allerdings steht der Präzedenzfall, den nun der BGH entschied, dazu im Widerspruch: Dort hatte sich ein Erbe gemeldet und vor dem Oberlandesgericht Brandenburg auch recht bekommen: Es entschied, dass dem Kläger die Grundstücke in Strausberg zustehen. Ungeachtet dessen ging das Land in Revision beim Bundesgerichtshof, was mit erhoffter Rechtsklarheit begründet wurde. Nun musste das Land aber eine schwere Schlappe einstecken.

Um wie viele Fälle es dabei geht, ist bislang offen, erklärte Decker. „Das wird geprüft.“ Ebenso, wie mit diesen Grundstücken fortan verfahren werden soll. Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) äußerte sich „betroffen“ über das Urteil und sprach sich für eine zügige Klärung aus. Scharfe Kritik an der Landesregierung übte dagegen die Linkspartei-Opposition. Das Bodenreform-Urteil sei eine „schallende Ohrfeige“, sagte die agrarpolitische Sprecherin Cornelia Wehlan. Es sei nicht hinnehmbar, dass sich das Land ohne ausreichende Prüfung einfach in Grundbücher habe eintragen lassen. Die Opposition fordert die Landesregierung auf, „umgehend alle betreffenden Fälle festzustellen und das eigene Handeln zu korrigieren“. An Betroffene sei das Land zu übertragen beziehungsweise Entschädigung zu zahlen. Zurzeit beschäftigen sich die Experten im Finanzministerium mit den Fällen. Am Freitag will Finanzminister Rainer Speer (SPD) über Konsequenzen entscheiden. Thorsten Metzner

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