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Landeshauptstadt: Eine Glocke aus Kupferpfennigen

Verein Oberlinhaus feierte 100-jähriges Bestehen seiner Kirche / Erneuerung des Glockenstuhles geplant

Verein Oberlinhaus feierte 100-jähriges Bestehen seiner Kirche / Erneuerung des Glockenstuhles geplant Babelsberg - „Der Herr ist mein Hirte “ - Die ersten Worte des alttestamentlichen Psalms 23 schrieb einst Kaiserin Auguste Victoria als Widmung in die in Leder eingebundene Bibel, die sie zusammen mit einem goldenen Schlüssel dem damaligen Anstaltsleiter und Theologen Theodor Hoppe (1846-1934) zur Einweihung der Oberlinkirche zu Nowawes am 12. Januar 1905 überreichte. Auf den Tag genau 100 Jahre später wurde gestern das Kirchweihfest im Oberlinhaus begangen. Mit Gebeten, geistlicher Abendmusik, baugeschichtlichen Vorträgen sowie Ausführungen zur Bedeutung diakonischer Einrichtungen im Land Brandenburg wurde das Bestehen, des zwischen 1903 und 1905 errichteten Gotteshauses, gefeiert. Der Kirchenbau wurde notwendig, weil die ursprünglich ins Mutterhaus integrierte Kapelle zu eng für die wachsende Gemeinde des 1871 gegründeten Oberlinverein wurde. Der nach dem elsässischen Sozialreformer Johann-Friedrich Oberlin (1740-1826 ) benannte Verein widmet sich der Pflege und Bildung von Kranken und behinderten Menschen. In einem Spendenaufruf aus dem Jahr 1905 heißt es, dass das „Kirchlein mit 450 Plätzen geplant ist“ und 60 000 Mark kosten solle. Die Kaiserin, eine bekennende Protestantin, hat als Grundstock ein „Gnadengeschenk von 15 000 Mark“ gestiftet, schrieb der Berliner Lokalanzeiger in seiner Januar-Ausgabe des selben Jahres. Errichtet wurde das aus Kalkstein- und rotem Backsteinmauerwerk bestehende Gebäude „unter dem Allerhöschsten Protektorat Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin Auguste Victoria“, wie es im Programm zur Einweihung heißt. Der Grundstein zu der vom Architekten Ludwig von Tiedemann (1841-1908) entworfenen Kirche wurde am 30. November 1899 gelegt. Der eigentliche Baubeginn war jedoch erst im April 1903 unter der Leitung von Erich Riemasch (1877-1962). Im Jahre 1883 wurde für die Kirche eine „Lutherglocke“ gegossen, die 1904 mit zwei Bronzeglocken ins Oberlinhaus kam. Der Überlieferung nach wurde die Glocke aus eigens gesammelten Kupferpfennigen gefertigt. In all den Jahren bot die Kirche Schutz vor staatlichen Repressionen und schützte vor Vereinheitlichung, sagt Pastor Friedrich-Wilhelm Pape, Vorstandsvorsitzender des Vereins. Konnte während der Weimarer Republik die Eigenständigkeit der Einrichtung bewahrt werden, bot sie im Nationalsozialismus den Schutz vor ideeller Anbindung. „Im Gegensatz zum Regime galt bei uns das Wort, dass auch der Schwache ein Recht auf Leben hat“, so der Theologe. Einer zu DDR-Zeiten geplanten Verstaatlichung des Krankenhauses und der Poliklinik konnte sich der Oberlinverein erwehren. Mit Hilfe einer Spendenaktion, unter der Schirmherrschaft des Altbundeskanzlers Helmut Schmidt, konnte im vergangenen Jahr die Orgel restauriert werden. Über den Jahreswechsel 2004/05 wurde der Innenraum des Gotteshauses renoviert. Für das kommende Jahr ist die Restaurierung des Glockenstuhles geplant, dessen Stahlträger aus den 50er Jahren den heutigen statischen Vorgaben nicht mehr entspricht, so Pape. U. Strube

U. Strube

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