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Sport: Geld oder Risiko

Warum Turbine Potsdams Traum von der Verpflichtung von US-Kickerin Shannon Boxx platzte

Manchmal ist es eine Krux, aber ein europäischer Finalist kann nicht mehr jedem mitunter x-beliebigen Angebot folgen. Soll heißen: Echte Personalverstärkungen beim FFC Turbine Potsdam sind zur Zeit und kurzfristig nur auf internationalem Spitzenniveau interessant, Wechselwillige und -fähige Spielerinnen für bestimmte Positionen aber liegen nicht wie Sand am Meer. Diese bitteren Erfahrungen macht Turbine derzeit auch der Suche nach einer Defensivkraft mit Talent zum Spielaufbau.

Norwegens Ingvield Stensland verlängerte in Kolbotn. Finnlands Sanna Valkonen steht in Umea unter Vertrag, wo Manager Roland Arnquist mit internationaler Perspektive seine Leute beisammenhält. Und der mutige Versuch, sich Shannon Boxx aus den USA – Bronze-Gewinnerin der jüngsten FIFA World Players Wahlen hinter Birgit Prinz und Marta – zu angeln, war ebenfalls zum Scheitern verurteilt. Zwar hatte Boxx in Zürich noch erklärt, die sieben Länderspiele in 2005 als einzige Wettkämpfe hätten sie nicht befriedigt, sie wolle mehr. Doch einen möglichen und zeitlich passenden Wechsel hat derweil die sportpolitische Entwicklung praktisch zunichte gemacht. Turbine stand bereits in Kontakt mit Boxx-Agentin Sue Rodin in New York, ein konkretes Angebot war übermittelt. Doch inzwischen wurden mögliche Wechsel von Stammspielerinnen der US-Auswahl clever verbaut.

Die Fußball-Nationalspielerinnen von Olympiasieger USA haben nämlich über ihre Gewerkschaft USWNSTPA einen Vertrag mit dem US-Fußballverband über professionelle Arbeitsbedingungen geschlossen, der bis 2012 gilt. Er sieht vor, dass 20 Spielerinnen als Profis beim Verband US-Soccer angestellt werden. 14 Spielerinnen wird davon ein Mindesteinkommen von jährlich 70 000 Dollar garantiert, sechs Spielerinnen erhalten 50 000 Dollar. Außerdem wurde ein üppiges Prämiensystem ausgehandelt. Wer in den Kader für die WM-Qualifikation berufen wird, bekommt einen Bonus von 10 000 Dollar. Das Doppelte gibt es für eine Berufung in den WM- oder Olympiakader. Das Preisgeld für den zweiten Platz beträgt bei beiden Großturnieren 20 000 USD, Platz eins bei WM oder Olympia wird mit 50 000 USD pro Kopf und einer zusätzlichen Teamprämie in Höhe von 1,2 Millionen USD dotiert. Sollten die US-Girls die WM in China 2007 gewinnen oder im Jahr darauf die Olympischen Spiele, werden die Prämien für die Turniere 2011 und 2012 um ein Viertel angehoben.

„Der neue Tarifvertrag ist bahnbrechend. Er garantiert, dass die Nationalspielerinnen weiterhin unter professionellen Bedingungen in den USA Fußball spielen können“, sagt US-Soccer Präsident Dr. Robert Contigulia. „Ziel ist es, den Weltcup 2007 zurückzuholen. Wir sind mit unserem Programm bis 2012 auch weiterhin führend in der Welt und setzen innovative Maßstäbe. Dieser Vertrag kann ein erster Schritt zur Etablierung einer neuen Profiliga werden.“ Die WUSA war bekanntlich vor zwei Jahren aufgrund wirtschaftlicher Fehleinschätzungen im Management der Franchises in die Pleite getrieben worden. Gleichzeitig gilt der neue Pakt als Barriere für den Wechsel von Stammspielerinnen ins Ausland. Denn wer das Geld annimmt, muss das ganze Jahr zur Verfügung stehen.

Im Fall Shannon Boxx und Turbine Potsdam heißt das: Das US-Girl bleibt daheim und bereitet sich dort mit seiner Auswahl auf den Algarve-Cup in März vor, bei dem Potsdamerinnen im DFB-Trikot kicken werden. Ab April ein längerfristiges Camp in Carson, ab Juli Testspiele. An auch nur einen einzigen Einsatz für Turbine wäre also trotz aller Liebesmühen gar nicht zu denken. Was selbst Turbines Bernd Schröder, der zunächst große Hoffnungen in die Geheimaktion gesetzt hatte, akzeptieren musste.

Rainer Hennies

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