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Landeshauptstadt: Kulturhauptstadt?!

Die Bewerbung liegt jetzt beim Land – nach pannenreicher Übergabe

Die Bewerbung liegt jetzt beim Land – nach pannenreicher Übergabe Von Thorsten Metzner und Sabine Schicketanz Ihrem Motto blieben die Kulturhauptstadt-Bewerber treu: „Stell“ Dir vor “, die Potsdamer Bewerbungsschrift für den Europa-Titel im Jahr 2010 wird offiziell an Brandenburgs Kulturministerin Johanna Wanka (CDU) übergeben, und das geneigte Publikum bekommt nichts davon mit? Eigentlich unvorstellbar, und trotzdem so geschehen, am Dienstagabend bei der feierlichen Zeremonie in der Orangerie des Schlossparkes Sanssouci, leider. Ja, es war ein ziemlicher Flop, obwohl das Drehbuch eine perfekte Inszenierung vorsah. Obwohl schon der neu entdeckte Veranstaltungsort so königlich war, dass in jeder anderen Stadt hier längst rauschende Feste gefeiert würden, wie Regierungschef Matthias Platzeck (SPD) schwärmte. „Typisch Potsdam. Wir stellen Pflanzen rein.“ Von der Empore, so die Idee der Kulturstadt-Matadoren, sollte Potsdams städtische Gesellschaft verfolgen, wie die Offiziellen durch den einhundert Meter langen Ostflügel philosophisch lustwandeln – und die auf dem Boden entrollte Bewerbungsschrift erklären. Etwas ganz Besonderes also. Pech nur, dass eine fast 150-jährige Orangerie eben eine Orangerie ist: Die gut fünfhundert Gäste, die für die Kulturhauptstadt-Bewerbung begeistert werden sollten, damit der Funke endlich auf die Stadt überspringt, bekamen von der Präsentation im Grunde fast nichts mit. Von der Empore aus war kaum etwas zu sehen. Vor allem aber die Akustik, oh je – die unterbot selbst die berühmt-berüchtige „Blechbüchse“. Deshalb müssen wir uns bei unserer geneigten Leserschaft entschuldigen: Wir können an dieser Stelle nicht berichten, was Ministerin Johanna Wanka, Ministerpräsident Matthias Platzeck, Oberbürgermeister Jann Jakobs und Bewerbungsmanager Moritz van Dülmen entlang des Bewerberungsbandes parlierten. Rätselraten auch im Publikum - irgendwie ging es um „Visionen“, „Chance“, „Geschichtsbewusstsein“ Kein Wunder, dass der sonst so zurückhaltende Landtagspräsident Herbert Knoblich später lästerte. „Ich halte es für ein Gerücht, dass jemand etwas verstanden hat.“ Andere wollten sich lieber gar nicht äußern. Stattdessen plauderte man angeregt mit guten Bekannten, bis Moderatorin Ulla Kock am Brink am Ende der missglückten Übergabe-Show ein entnervter Stoßseufzer entfuhr: „Weil keiner was versteht, kann auch keiner klatschen.“ C“est la vie. Das kann passieren, das muss kein böses Omen für die ehrgeizigen Kulturhaupstadt-Ambitionen sein. Denn die Bewerbung selbst, die Wanka als Schriftrolle in Empfang nahm, die an jeden Gast als 112-seitiger Hochglanz-Bildband „Potsdam weckt Visionen“ verteilt wurde, macht durchaus neugierig auf diese Stadt, ihre Reize, ihre Chancen, ihre spannende Widersprüchlichkeit. Sie kann Ortsfremde, sie könnte die „Jury“ in der Bundesregierung wirklich für dieses betörende Potsdam begeistern – und dafür ist sie vor allem gedacht. Eine andere Frage ist freilich, ob sie auch den Potsdamern die in diesen Rotstift-Zeiten nicht unumstrittene Kulturhauptstadt-Träume näher bringen kann. Mancher, der sie neugierig durchblätterte, hatte da gewisse Zweifel: „Potsdam glänzt, Potsdamer Gesichter fehlen.“ Ja, die Psychologie einer Stadt ist schon schwierig. Es ist diese Gratwanderung, die das Bewerbungsteam um van Dülmen in den nächsten Monaten bewältigen muss: Einerseits Potsdam gegenüber den anderen 16 Bewerbern, viele sind in den Vorbereitungen weiter, professionell zu „verkaufen“. Ein erster Erfolg: Der „Spiegel“ kürte Potsdam jetzt schon mal zum „Musterschüler“. Andererseits, so war auf der Empore oft zu hören, müsse es gelingen, dass sich die Potsdamer die Bewerbung zu eigen machen. „Stell Dir vor “

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