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Landeshauptstadt: „Ungeputzte Treppe und Knoblauchgeruch“

Ethnisierung von Alltagskonflikten ruft Schlichter auf den Plan

Ethnisierung von Alltagskonflikten ruft Schlichter auf den Plan Die Treppe ist mal wieder nicht geputzt, im ganzen Haus riecht es nach Knoblauch. Das seien Verkommnisse, die oftmals den ausländischen Mitmietern angelastet würden, schilderte Potsdams Ausländerbeauftragte Magdolna Grasnick die so genannte Ethnisierung von normalen Alltagsproblemen. Eine Lösung sei aber auch in Sicht: Ab der kommenden Woche würden in Trägerschaft des Vereins Lösungswege e.V. speziell für diese Art der Nachbarschaftsstreitigkeiten ehrenamtliche Konfliktschlichter ausgebildet. Die Teilnehmergruppe sei „herrlich heterogen“: Frauen, Männer, deutsche und nicht-deutsche Potsdamer. Die Ausländerbeauftragte fasste gestern gegenüber der Presse ihren Jahresbericht zusammen, den sie heute in die Stadtverordnetenversammlung einbringt. Nach dem sich die ersten Widerstände gegen den Umzug der Asylbewerber von der Michendorfer Chaussee in die Kirschallee gelegt hatten, habe sich die Situation in Bornstedt im vergangenen Jahr merklich zum Positiven entwickelt, sagte Magdolna Grasnick. Dazu beigetragen hätten die Einrichtung der „Bornstedter Runde“, in der alle Probleme sofort besprochen worden seien, die sehr sensible Arbeit des Trägers, der Malteser Betreuung sowie die Wohnumfeldverbesserung durch den neuen Eigentümer, Entwicklungsträger Bornstedter Feld. Wie geplant würden nun aber die knapp 90 Bewohner der Kirschallee in diesem Sommer ins Sozialdorf Lerchensteig ziehen. Bis dahin, hofft die Ausländerbeauftragte, sei die Busverbindung zu Sammelunterkunft und Obdachlosenheim optimiert. Durch die Gemeinschaftsunterbringung ist der Ausländeranteil in Potsdams Norden auch statistisch überdurchschnittlich hoch, wie Reiner Pokorny, Fachbereichsleiter Zentrales Controlling, Organisations- und Informationsservice erläuterte. Während der Anteil ausländischer Mitbürger in Potsdam insgesamt im Jahr 2002 bei 4,2 Prozent lag, hat Bornim eine Ausländerquote von 10,3 Prozent und Bornstedt von 8,6 Prozent. Über dem Durchschnitt liegt auch das Wohngebiet Am Schlaatz mit 7,8 Prozent. Für das Erhebungsjahr 2003 prognostizierte Pokorny einen weiteren Anstieg des Ausländeranteils auf 5,1 Prozent. Damit liege Potsdam aber immer noch weit unter den Zahlen westdeutscher Großstädte, deren Ausländerquote sich zwischen zehn und 25 Prozent bewege. Zwar steige die Zahl ausländischer Mitbürger insgesamt, sagte Magdolna Grasnick, die von Asylbewerbern und Aussiedlern aber ginge zurück. Die meisten kämen also zum Studium oder zum Arbeiten in die Landeshauptstadt. So habe die Eingemeindung von Golm, wo Wissenschaftler aus dem Ausland einen Forschungsplatz hätten, zu einem merklichen Anstieg der Ausländerzahl geführt. Die größte Gruppe unter Potsdams ausländischer Bevölkerung sind Russen, gefolgt von Ukrainern, Vietnamesen, Polen, Türken, Jugoslawen und Chinesen. In der „Stadt der Toleranz“ – zu der Potsdam vor mehr als 300 Jahren erklärt wurde – leben heute über 5400 Menschen aus 79 Nationen. An der Wahl des Ausländerbeirats im vergangenen Jahr beteiligten sich allerdings nur 18,2 Prozent – eine Steigerung um 1,4 Prozentpunkte im Vergleich zur Wahl vor fünf Jahren. NIK

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