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Landeshauptstadt: Viele Ingenieurbüros „praktisch pleite“ Kammer: Wettbewerb Landtagsbau unzeitgemäß

Babelsberg - 34 Prozent der Ingenieurbüros sind praktisch pleite. Diese Hiobsnachricht verbreitete Dr.

Babelsberg - 34 Prozent der Ingenieurbüros sind praktisch pleite. Diese Hiobsnachricht verbreitete Dr. Wilfried Mollenhauer, Präsident der Brandenburgischen Ingenieurkammer, ausgerechnet zum Neujahrsempfang für die Mitglieder am Donnerstagabend im Seminaris-Hotel am Templiner See.

Mollenhauer stützt sich dabei auf eine Analyse aus dem Jahre 2005, welche besonders die prekäre Lage der Ein-Mann-Büros aufzeigt. Danach liegt der Umsatz dieser Büros im Jahr höchstens bei 37000 Euro, wovon „unterm Strich“ 29 000 Euro brutto blieben. „Diese Ingenieure zehren von der Substanz“, so der Präsident. Schuld an der Misere sei vor allem der Mangel an öffentlichen Investitionen.

Auch im Jahr 2006 seien die Erwartungen an die Umsatzzuwächse nicht erfüllt worden, klagt Mollenhauer. Das liege vor allem an den wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen im Land Brandenburg und seiner Landeshauptstadt. Es gebe zwar „zaghafte Ansätze für einen Aufschwung“, doch zu wenig Investitionen. „Einseitige Architekturwettbewerbe passen nicht in die Zeit“, so die Kritik, die sich insbesondere auf die Ausschreibung zum Potsdamer Landtagsschloss richtet. Diese habe das Land als „Public-Private-Partnership“-Verfahren (PPP) „kombiniert mit einem Architektenwettbewerb“ deklariert, was nicht den modernen Erfordernissen entspreche. Vielmehr gehe es heutzutage um eine allseitige Baukultur, zu der insbesondere die Ingenieure einen Beitrag leisten könnten.

Mollenhauer, mit 72 Jahren der älteste Kammerpräsident Deutschlands, kritisierte die 16 unterschiedlichen Landesbauordnungen mit einer großen Zahl von Folgeregelungen. Darüber hinaus sei die Einhaltung der Honorarordnung nicht gegeben. Selbst viele Landesbetriebe würden die Preise unterhalb der Honorarsätze festlegen.

Eine besonders missliche Lage ergebe sich auf dem Ausbildungssektor. Auf der einen Seite stünden viele Ingenieur-Büros vor dem Ruin und auf der anderen bestehe ein „echter Mangel“ an Ingenieuren. An die Politik ergehe daher die Aufforderung, mehr zu tun als gegenwärtig geschehe.

Wie andere Berufsstände haben auch die Ingenieure mit den Folgen der demografischen Entwicklung zu kämpfen. Der Mitgliederbestand der Brandenburgischen Ingenieurkammer ist nach den Angaben Mollenhauers um sieben Prozent zurückgegangen. In der Politik vermisse er eine Reaktion auf die älter werdende Gesellschaft. Stadtumbau müsse zunehmend als Gesellschaftsumbau verstanden werden. So gebe es gegenwärtig keine Vorstellungen über die Perspektive kleiner und kleinster Siedlungen und deren Infrastruktur.

Karl H. Schwinn von der Bundesingenieurkammer konnte die Lage im Land nicht ganz nachvollziehen. Er berichtete aus Hamburg von einer „brummenden Konjunktur“ mit Zuwächsen von über sechs Prozent, von einem Mangel an Fachkräften und Material im Bausektor aufgrund der guten Auftragslage – ein Aufschwung, der im nicht zu fernen Land Brandenburg offensichtlich noch nicht angekommen ist. Günter Schenke

Günter Schenke

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